Ein Fremdfirmenhandbuch definiert verbindliche Regeln für Zusammenarbeit, Sicherheit und Kommunikation mit externen Dienstleistern. Die Struktur umfasst rechtliche Grundlagen, Verhaltensregeln, Prozesse zur Anmeldung, Sicherheitsunterweisungen sowie Ansprechpartner und Dokumentationspflichten. Ziel ist die transparente Steuerung aller Schnittstellen zwischen Unternehmen und Fremdfirmen. Ein klar gegliedertes Handbuch unterstützt reibungslose Abläufe und stellt die Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards sicher.
Ziele und Nutzen des Fremdfirmenmanagements - Rechtssicherheit
Durch konsequente Einhaltung der relevanten Gesetze (z. B. BGB §§ 611, 631, ArbSchG, BetrSichV, DSGVO) sowie berufsgenossenschaftlicher Vorschriften (DGUV, insb. DGUV 215‐830) minimieren wir das Risiko haftungsrechtlicher Konsequenzen.
Eine klar dokumentierte Pflichtenübertragung an fachkundige Personen (Auftragnehmer, Subunternehmer) verhindert unklare Verantwortlichkeiten.
Wirtschaftliche Effizienz
Einheitliche Prozesse und Vorlagen (z. B. Checklisten, Fragebögen) senken den administrativen Aufwand.
Digitale Lösungen (Portal mit automatisierten Freigaben) reduzieren Wartezeiten und Papierverbrauch.
Sicherheit und Gesundheitsschutz
Sichere Arbeitsbedingungen für Fremdfirmenmitarbeitende auf dem Betriebsgelände sind unverzichtbar.
Ein strukturiertes Fremdfirmenmanagement vermeidet Unfälle, Ausfallzeiten und Imageschäden.
Betrugsprävention und Compliance
Abgleich von Zeiterfassung und Rechnungsstellung erschwert Abrechnungsbetrug.
Einhaltung von DSGVO und GoBD gewährleistet, dass sensible Daten rechtskonform verarbeitet werden.
Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Jeder Schritt (Bedarfsermittlung, Vergabe, Durchführung, Abschluss) ist klar festgelegt, digital dokumentiert und für interne/externe Audits nachvollziehbar.
Integrale Compliance-Strategie
Das Fremdfirmenmanagement orientiert sich an den Grundsätzen unserer Unternehmens-Compliance (Anti-Korruption, Daten- und Informationsschutz, Fairness in Ausschreibungen).
Alle Stakeholder (Einkauf, Technik, HSE, Betriebsrat, Geschäftsführung) sind in die jeweiligen Phasen involviert.
Verbindliche Richtlinien
Wir tolerieren keine Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften, Sicherheitsauflagen, Betrugsprävention oder Umweltstandards.
Alle Anforderungen sind in diesem Handbuch bindend verankert und in die dazugehörigen Verfahrensanweisungen integriert.
Dokumentations- und Nachweispflicht
„Nicht dokumentiert = nicht getan“: Sämtliche wesentlichen Schritte (Unterweisungen, Freigaben, Kontrollen, Rechnungsprüfungen) werden digital oder schriftlich festgehalten.
Im Streit- oder Schadensfall dient die lückenlose Dokumentation als Entlastungsnachweis.
Aktualität und permanente Überprüfung
Das Handbuch wird regelmäßig (mindestens jährlich) auf Rechtsänderungen, interne Prozessentwicklungen und Erkenntnisse aus Zwischenfällen/Unfällen überprüft.
Überarbeitungen werden als neue Versionen gekennzeichnet und allen relevanten Personen bekannt gemacht.
Einbindung ins integrierte Managementsystem
Das Fremdfirmenmanagement ist ein eigener Prozessbaustein innerhalb unseres IMS (z. B. ISO 9001, ISO 45001).
Regelmäßige Audits oder Managementreviews (z. B. jährlich) kontrollieren die Umsetzung und Wirksamkeit.
Betreiberverantwortung im Detail
Betreiber = unser Unternehmen (Auftraggeber).
Gemäß ArbSchG bleiben wir verantwortlich, Gefahrenquellen zu minimieren, die von unseren Anlagen oder Prozessen ausgehen (Verkehrssicherungspflichten).
Wir müssen geeignete Organisationsstrukturen schaffen (z. B. HSE-Abteilung, Koordinatoren), um Fremdfirmen sicher zu steuern und zu überwachen.
Digitale, medienbruchfreie Prozesse
Die Geschäftsführung hat entschieden, sämtliche relevanten Dokumente, Freigaben und Zeitnachweise über ein zentrales Fremdfirmenportal abzubilden.
Dieses Portal erlaubt die automatische Protokollierung (Audit-Trail) und den Abgleich von Ist- und Plandaten (Zeitaufwände vs. Abrechnung).
Prozessübersicht - Ziel:
Klar definieren, warum und welche externe Leistung benötigt wird.
Erste Sicherheitsanforderungen identifizieren und ins Leistungsverzeichnis integrieren.
Genehmigung und Budget von interner Seite einholen.
ggf. Informationssicherheitsrichtlinie (ISO 27001).
Genehmigungsablauf
Budgetfreigabe: Controlling prüft, ob ausreichende Mittel im Kostenstellenbudget vorhanden sind.
Leitung: Je nach Auftragsvolumen (z. B. <100k Euro, <500k Euro) signiert ein Vorgesetzter oder die Geschäftsleitung.
Betriebsrat: Wird u. U. informiert, wenn Personaleinsatzfragen das Mitbestimmungsrecht berühren.
Digitale Protokollierung
Das Portal vergibt einen Workflowschritt „Anforderungsfreigabe“: Jede Genehmigung wird mit Zeitstempel und Namensangabe gespeichert.
Bei Ablehnung oder Rückfrage kann der Genehmiger Feedback ins System schreiben.
Eskalationspfade
Sollte kein Konsens über Budget oder Sicherheitsaspekte gefunden werden, folgt eine Eskalation z. B. an Abteilungsleitung, Compliance-Stelle oder Geschäftsführung.
FAQ und Stolpersteine (Anforderungsprozess)
Fehlende oder unklare Sicherheitsanforderungen: Risiko, dass Später in der Vergabephase Missverständnisse oder kostenintensive Nachträge entstehen.
Zeitdruck: Bei eilbedürftigen Aufträgen droht die Vernachlässigung von Sicherheits- oder Qualitätsvorgaben.
Unvollständige LV: Kann zu unklaren Angeboten führen; Abweichungen im späteren Projektverlauf sind häufig.
Prozessübersicht
Ziel: Objektive Auswahl einer geeigneten Fremdfirma, die sicher und wirtschaftlich arbeiten kann.
Abschluss eines rechtssicheren Vertrags, in dem Pflichtenübertragung und Compliance klar geregelt sind.
Veröffentlichung - Das LV inkl. Sicherheitsanhängen (bspw. Fremdfirmenordnung) wird den potenziellen Bietern zur Verfügung gestellt. Je nach Beschaffungsregel kann dies
öffentliche Ausschreibung,
begrenzte Ausschreibung (nur qualifizierte Firmen) oder
Direktvergabe bei geringen Auftragswerten.
Angebotsphase
Bieter können Rückfragen stellen, insbesondere zu Sicherheitsanforderungen.
Fristen: Klare Deadlines, um fairen Wettbewerb zu garantieren.
Compliance: Keine bevorzugte Behandlung bestimmter Bieter, Einhaltung Anti-Korruptionsrichtlinien.
Inhalt des Fragebogens
Versicherungen (z. B. Betriebshaftpflicht mit ausreichender Deckung).
Zertifizierungen (ISO 45001, SCC für Arbeitssicherheit, ISO 9001 für Qualitätsmanagement).
Unfallhistorie (z. B. Unfallquoten, PSA-Verstöße).
Subunternehmerkonzept (falls geplant).
Datenschutz und DSGVO (wie geht die Firma mit personenbezogenen Daten um?).
Auswertung
Punktsystem oder Ampelprinzip (z. B. Rot, Gelb, Grün).
Nur „Grün“ qualifizierte Bieter gelangen in die engere Auswahl. Bei „Gelb“ prüfen wir genauer, bei „Rot“ erfolgt ggf. Ausschluss.
Dokumentation
Alle eingegangenen Fragebögen werden im Portal archiviert (DSGVO, GoBD).
Kriterientransparenz: Bieter wissen, welche Faktoren bewertet werden.
Angebotsvergleich
Preis: wichtig, aber nicht allein ausschlaggebend.
Qualität: z. B. Referenzen, Erfahrungen, Spezialisierung.
Regelung zur Änderung des Leistungsumfangs (z. B. Nachträge, Mehrkosten).
Erneute Sicherheitsprüfung, wenn sich die Art der Arbeit ändert.
Genehmigung
Die beauftragte Fremdfirma darf Subunternehmer nur nach schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers einschalten.
Anforderungen: Subunternehmer muss dieselben Eignungsprüfungen wie Hauptauftragnehmer durchlaufen.
Weitergabe von Pflichten
Der Hauptauftragnehmer trägt die Gesamtverantwortung, dass auch Subunternehmer Arbeitsschutz- und Compliance-Vorgaben befolgen.
Das Handbuch empfiehlt, Subunternehmerverträge inhaltlich an die Hauptvorgaben anzupassen (z. B. Sicherheitsklauseln identisch).
Finalisierung
Nach Verhandlungen wird der Vertrag (inkl. Anhänge) unterzeichnet.
Option: Elektronische Signatur (z. B. nach eIDAS-Verordnung), sofern innerbetriebliche Richtlinien dies zulassen.
Registrierung im Portal
Zuweisung einer Projektnummer oder Bestellnummer.
Hinterlegung von Rollen (Auftraggeber-Verantwortlicher, Koordinator, Rechnungsfreigabestelle).
Zeitstempel der Freigaben (GoBD-konform).
FAQ zum Vergabeprozess
Wie verfahren wir bei Angebotsverzögerungen?: Ggf. Fristverlängerung für alle Bieter, um Fairness zu sichern.
Können Compliance-Bedenken zum Ausschluss eines Bieters führen?: Ja, bei Verstößen gegen Anti-Korruptionsvorschriften oder schwerwiegenden Sicherheitslücken ist ein Ausschluss möglich.
Wer kümmert sich um mögliche Nachverhandlungen?: Der Einkauf oder eine Verhandlungsgruppe klärt technische und preisliche Fragen, unter Einbeziehung HSE für Sicherheitsaspekte.
Prozessübersicht
Ziel: Sichere, koordinierte und transparente Durchführung sämtlicher Tätigkeiten durch die Fremdfirma.
Echtzeiterfassung von Arbeitszeiten, Minimierung von Unfall- und Betrugsrisiken.
Fremdfirma stellt eine Liste (Name, Qualifikationen, Kontakt) im Portal ein.
Das System erstellt ggf. digitale oder physische Zutrittsausweise (QR-Code, Badge).
Hinweis auf DSGVO: Erhobene Personendaten nur für Sicherheitszwecke verwenden.
Einfahrgenehmigungen
Falls Fahrzeuge oder Maschinen eingefahren werden müssen, klärt der Koordinator Parkzonen, Verkehrsvorschriften, Geschwindigkeitsbegrenzungen auf dem Gelände.
Dokumentation: Alle genehmigten Fahrzeuge sind im System hinterlegt, Missbrauch wird gemeldet.
Koordinator
Bei parallelen Arbeiten verschiedener Firmen benennt der Auftraggeber einen Koordinator (ArbSchG § 8, DGUV 215‐830), der die Arbeiten aufeinander abstimmt, um gegenseitige Gefährdungen zu minimieren.
Allgemeine Unterweisung (Betriebs‐ und Sicherheitsregeln)
Durchführung durch HSE, Koordinator oder Videoschulung (Portal).
Spezifische Unterweisungen
Auftragsbezogene Gefahren (z. B. Umgang mit elektrischen Anlagen, Gas, chemische Substanzen).
Einweisung in Arbeitsbereiche (wer betritt wann welche Zone?).
Ggf. Zusätzliche E-Learning-Module zur Gefahrenvermeidung.
Dokumentation
Unterschriftenlisten oder digitale Bestätigung (Portal).
Automatische Erinnerungsfunktion bei längeren Projekteinsätzen (z. B. jährliche Wiederholungsunterweisung).
Beginn der Arbeiten
Die Fremdfirma startet ihre Tätigkeiten nach Arbeitsfreigabe (ggf. Permit-to-Work-Verfahren).
Portal zeigt, welche Maßnahmen (Absperrungen, PSA, Brandschutz) verpflichtend sind.
Zeiterfassung
Jede/r Fremdfirmenmitarbeiter/in stempelt sich beim Betreten und Verlassen des Geländes digital ein/aus (Terminal, App, Badge).
Daten fließen in eine Datenbank, die später für die Rechnungsprüfung genutzt wird (Betrugsprävention).
Betrugsprävention
Das System meldet Unstimmigkeiten, z. B. wenn ein Mitarbeiter 12 Std. täglich an mehreren Tagen in Folge gebucht hat, obwohl vertraglich max. 8 Std. vereinbart sind.
Der Koordinator oder der Einkaufsbereich prüft und klärt mit der Fremdfirma.
Sicherheitskontrollen
Regelmäßige Baustellenbegehungen oder Arbeitsplatzinspektionen durch den Koordinator, HSE-Fachkraft oder Vorgesetzte.
Checkpunkte: PSA getragen? Absperrungen intakt? Ordnung und Sauberkeit? Fluchtwege frei?
Koordination mehrerer Firmen
Falls mehrere Fremdfirmen parallel tätig sind, lädt der Koordinator alle Beteiligten zu Sicherheitsrunden ein, um mögliche Wechselwirkungen zu besprechen (Lärm, Staub, Rangierflächen, Brandschutz etc.).
Hier greift ArbSchG § 8 (Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber).
Eskalation
Bei Verstößen: mündliche Verwarnung, schriftliche Rüge, Baustopp oder Geländeausschluss.
Dokumentation im Portal: Art des Verstoßes, Gegenmaßnahmen, weitere Vorgehensweise.
Gefährdungsbeurteilung
Für spezielle Arbeiten (Heißarbeiten, Behälterbetreten, Arbeiten in EX-Zonen) wird eine detaillierte Gefährdungsbeurteilung erstellt.
Festlegung von Schutzausrüstungen (Spezial-PSA, Gaswarngeräte etc.).
Erlaubnisscheinverfahren (Permit-to-Work)
Beantragung durch die Fremdfirma im Portal, Angabe von Ort, Zeit, Verfahren.
Freigabe durch Koordinator/HSE nach Prüfung aller Vorkehrungen.
Sichtbare Kennzeichnung der Arbeitsstelle (z. B. rot/weißes Flatterband, Hinweisschilder).
Notfall- und Krisenmanagement
Fremdfirma muss in Notfallkonzept eingebunden sein (Sammelplätze, Rettungswege).
Meldung an Werksfeuerwehr oder externe Rettungskräfte bei Zwischenfällen.
Unfalls- und Störungsmeldungen
Digitale Meldung im Portal: Unfallbericht, Foto-Upload, Uhrzeit.
Parallel mündliche Benachrichtigung des Koordinators/HSE.
Ggf. Meldung an BG (Arbeitsunfall), Gewerbeaufsicht.
Eskalationspyramide
Stufe 1: Koordinator/Projektverantwortlicher klärt direkt mit Fremdfirmenleiter.
Stufe 2: Abteilungs- oder HSE-Leitung wird eingeschaltet.
Gemeinsame Prüfung der Leistung: z. B. ist das gefertigte Bauteil funktionsfähig?
Abnahmeprotokoll: Feststellung von Mängeln, Frist zur Beseitigung, ggf. Einbehalt von Zahlungen.
Teilabnahmen sind möglich bei größeren Projekten (z. B. Bau in Bauabschnitten).
Dienstverträge
Abnahme im klassischen Sinn entfällt, stattdessen: Leistungsprüfung oder Abgleich, ob die vereinbarten Dienste (z. B. Reinigungsleistungen) ordnungsgemäß erbracht wurden.
Dokumentation: z. B. Checkliste Sauberkeit, Zeiterfassung.
Eingang und Vorprüfung
Rechnung wird (digital) eingereicht, Portalzuordnung (Bestellnummer).