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Prüffähigkeit geschäftlicher Rechnungen

Prüffähigkeit geschäftlicher Rechnungen

Die Prüffähigkeit geschäftlicher Rechnungen ist kein bloßer Formalismus, sondern elementarer Bestandteil einer funktionierenden Unternehmens- und Finanzverwaltung. Rechtliche Vorgaben (UStG, HGB, AO, GoBD) definieren den Rahmen, der sicherstellt, dass Rechnungen als verlässliche Belege dienen können. Werden diese Anforderungen verfehlt, drohen steuerliche und organisatorische Konsequenzen, die gerade in großen Unternehmen erheblichen Aufwand und Risiken verursachen. Entsprechend hoch ist das Interesse, durch klare Regeln, Automatisierung und Schulung ein Maximum an Rechnungskonformität zu erreichen. Prüffähige Rechnungen sind letztlich die Grundlage für eine transparente, effiziente und rechtssichere Geschäftsabwicklung.

Rechnungsprüfung im Fremdfirmenmanagement optimieren

Prüffähigkeit

Prüffähigkeit einer Rechnung bedeutet, dass diese formell und inhaltlich so gestaltet ist, dass sie von Empfänger und Prüfern (z.B. Buchhaltung, Wirtschaftsprüfer, Finanzamt) leicht und eindeutig nachgeprüft werden kann. Damit ist gemeint, dass die Rechnung alle gesetzlich vorgeschriebenen Angaben enthält und rechnerisch sowie sachlich nachvollziehbar ist. Im kaufmännischen Sinne verlangt eine prüffähige Rechnung, dass der Empfänger ohne weitere Rückfragen die sachliche Richtigkeit (Übereinstimmung von Rechnung mit der tatsächlich gelieferten Leistung) und die rechnerische Richtigkeit (korrekte Summen, Steuern, etc.) überprüfen kann. Rechtlich ist der Begriff vor allem im Kontext von Vertragsbeziehungen (z.B. Bauverträgen nach VOB) und im Umsatzsteuerrecht bedeutsam, wo eine Rechnung alle Voraussetzungen erfüllen muss, um zum Vorsteuerabzug zu berechtigen.

Gesetzliche Grundlagen:

Die Anforderungen an Rechnungen ergeben sich in Deutschland hauptsächlich aus dem Umsatzsteuergesetz (UStG), dem Handelsgesetzbuch (HGB), den GoBD (Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Datenaufbewahrung) sowie der Abgabenordnung (AO). § 14 UStG definiert den Rechnungsbegriff und listet die Pflichtangaben auf, die eine Rechnung enthalten muss. § 15 UStG knüpft den Vorsteuerabzug daran, dass eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Das HGB schreibt vor, dass Kaufleute ordnungsmäßige Buchführung betreiben und Belege vollständig aufbewahren (§ 238 HGB, Belegprinzip) – jede Buchung muss durch einen Beleg (etwa eine Rechnung) nachweisbar sein. Außerdem gelten Rechnungen im Sinne des HGB als Geschäftsbriefe, die bestimmte Firmenangaben enthalten müssen (siehe unten). Die GoBD, als Verwaltungsvorschrift des BMF, konkretisieren die GoB (Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung) im digitalen Zeitalter. Sie fordern u.a. Nachvollziehbarkeit und Unveränderbarkeit von Buchungen: Rechnungen müssen so erfasst und aufbewahrt werden, dass ein sachverständiger Dritter die Geschäftsvorgänge lückenlos nachvollziehen kann und Manipulationen ausgeschlossen bzw. dokumentiert sind. Schließlich verlangt die AO (§§ 146, 147 AO) die ordnungsmäßige Aufzeichnung aller steuerlich relevanten Unterlagen und schreibt Aufbewahrungsfristen vor. Zusammengefasst entsteht ein Rechtsrahmen, der sicherstellt, dass Rechnungen prüffähig sind – also inhaltlich korrekt, formal vollständig und langfristig nachprüfbar.

Mindestangaben einer prüffähigen Rechnung

Damit eine Rechnung den gesetzlichen Anforderungen genügt und insbesondere zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss sie alle in § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben enthalten.

Im Einzelnen sind dies mindestens die folgenden Pflichtangaben einer Rechnung (für Rechnungen über €250, sog. „Vollrechnungen“):

  • Name und Anschrift beider Parteien: Vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers (Rechnungsaussteller) und des Leistungsempfängers (Kunden). Die Angaben müssen so präzise sein, dass die Beteiligten eindeutig identifiziert und kontaktiert werden können. Nach § 31 Abs. 2 UStDV reicht jede Art von Anschrift, unter der der Unternehmer erreichbar ist – nach aktueller BFH-Rechtsprechung genügt also auch eine c/o- oder Briefkastenanschrift, sofern dort Post empfangen wird; eine tatsächliche Geschäftstätigkeit an dieser Adresse ist nicht erforderlich.

  • Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Ausstellers: Entweder die vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) des leistenden Unternehmers. Diese Nummer ermöglicht dem Finanzamt die Zuordnung der Umsatzsteuer. (Hinweis: Name/Anschrift des Finanzamts selbst müssen nicht angegeben werden.)

  • Ausstellungsdatum: Das Datum, an dem die Rechnung ausgestellt wurde. Bei einer Rechnungsberichtigung ist das Datum der Korrektur anzugeben.

  • Rechnungsnummer: Eine fortlaufende, einmalige Rechnungsnummer, die zur Identifikation der Rechnung dient. Das Nummernsystem muss lückenlos und einmalig sein, um die Nachvollziehbarkeit sicherzustellen (keine Doppelvergabe von Rechnungsnummern).

  • Leistungsbeschreibung: Art und Umfang der abgerechneten Leistung. Konkret: Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung. Diese Positionen müssen hinreichend detailliert sein, damit erkennbar ist, was abgerechnet wird (keine pauschalen oder unklaren Angaben).

  • Leistungsdatum: Der Zeitpunkt der Lieferung oder Leistung (bzw. bei Zahlungen im Voraus das Datum des Zahlungseingangs), sofern er nicht mit dem Ausstellungsdatum identisch ist. Damit ist ersichtlich, welchem Zeitraum die Abrechnung zuzuordnen ist.

  • Entgelt (Nettobetrag) je Steuersatz: Das Entgelt (Netto-Betrag) für die Lieferung/Leistung, aufgeschlüsselt nach Steuersätzen und evtl. Steuerbefreiungen, sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts (Rabatte, Skonto), sofern nicht bereits im Preis berücksichtigt. Diese Aufschlüsselung zeigt, welche Teile des Umsatzes welchen Umsatzsteuersätzen unterliegen.

  • Steuerbetrag und Steuersatz: Der anwendbare Steuersatz (z.B. 19 % oder 7 % deutsche USt) und der darauf entfallende Umsatzsteuerbetrag in Euro. Falls eine Steuerbefreiung greift (z.B. innergemeinschaftliche Lieferung, Ausfuhrlieferung), muss anstelle des Steuerbetrags ein Hinweis auf die Steuerbefreiung angegeben sein (inkl. Angabe des Grundes der Befreiung, etwa „steuerfrei nach § 4 UStG“ – die genaue Gesetzesstelle muss aber nicht zwingend zitiert werden).

  • Aufbewahrungshinweis bei Bauleistungen: Führt der Unternehmer Bauleistungen oder Grundstücksleistungen für einen Nichtunternehmer aus, ist ein Hinweis auf die zweijährige Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers aufzunehmen. Beispiel: „Der Empfänger ist verpflichtet, diese Rechnung zwei Jahre lang aufzubewahren.“ Hintergrund ist § 14b UStG, der Privatpersonen bei bestimmten Leistungen zur Aufbewahrung verpflichtet (Verstoß kann Bußgeld bis 500 € nach sich ziehen).

  • Ggf. Hinweis auf Reverse-Charge: In Sonderfällen, in denen der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (sog. Reverse-Charge-Verfahren, z.B. Bauleistungen an Unternehmer, Leistungen ausländischer Unternehmer), muss die Rechnung einen entsprechenden Vermerk enthalten, etwa „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“. Ebenso ist bei Gutschriften (Rechnungen, die der Leistungsempfänger im Namen des Leistenden ausstellt) das Dokument als „Gutschrift“ zu kennzeichnen. Solche zusätzlichen Angaben sind zwar nicht in § 14 Abs. 4 UStG selbst aufgezählt, ergeben sich aber aus § 14a UStG und müssen für eine vollständige Prüffähigkeit beachtet werden.

Handelsrechtliche Angaben: Unabhängig von den umsatzsteuerlichen Pflichtangaben verlangt das HGB, dass auf Geschäftsbriefen – wozu Rechnungen zählen – bestimmte Unternehmensangaben aufgeführt sind. Dazu gehören z.B. die vollständige Firma und Rechtsform, der Sitz und das Registergericht mit Registernummer. Bei Kapitalgesellschaften sind alle Geschäftsführer/Vorstände (und ggf. Aufsichtsratsvorsitzender) anzugeben. Beispielsweise muss eine GmbH auf ihren Rechnungen mindestens Name, „GmbH“, Sitz, Amtsgericht und HRB-Nummer sowie die Geschäftsführer nennen. Diese Angaben dienen der Transparenz und sind zivil- und wettbewerbsrechtlich relevant (ein Fehlen kann eine Ordnungswidrigkeit darstellen). Zwar beeinflusst ein Verstoß hiergegen nicht direkt den Vorsteuerabzug, doch aus kaufmännischer Sicht gehört auch die Erfüllung dieser Formvorschriften zur Prüffähigkeit einer Rechnung in großen Unternehmen (Compliance-Anforderung).

Hinweis:

Für Kleinbetragsrechnungen bis €250 gelten Vereinfachungen. Hier genügen vier Angaben: Name und Anschrift des Ausstellers, Ausstellungsdatum, Leistungsbeschreibung, sowie Entgelt brutto mit Steuersatz bzw. Hinweis auf Steuerbefreiung. Angaben zum Empfänger, Rechnungsnummer etc. entfallen in diesem Fall. Diese Ausnahmen sind in § 33 UStDV geregelt und tragen dem geringeren Risiko Rechnung. Im normalen Geschäftsverkehr großer Unternehmen (Rechnungen über €250) sind jedoch stets die oben genannten vollen Anforderungen einschlägig.

Fälle nicht prüffähiger Rechnungen

Eine Rechnung gilt als nicht prüffähig, wenn eine oder mehrere der oben genannten Mindestangaben fehlen, unvollständig oder widersprüchlich sind.

Typische Fehler, die die Prüffähigkeit und damit die Anerkennung der Rechnung gefährden, sind etwa:

  • Fehlende Pflichtangaben: Der häufigste Mangel ist das Fehlen wesentlicher Angaben. Beispiele: keine oder unvollständige Anschrift einer Partei, keine Steuernummer/USt-IdNr. des Ausstellers, fehlendes Leistungsdatum oder keine Rechnungsnummer. Gerade das Leistungsdatum und die Rechnungsnummer werden in der Praxis oft übersehen, sind aber zwingend erforderlich. Eine Rechnung ohne eindeutige Nummer oder ohne Leistungszeitpunkt ist formal nicht ordnungsgemäß und damit nicht vorsteuerabzugsfähig.

  • Unklare Leistungsbeschreibung: Wenn die gelieferten Waren oder Leistungen nicht klar genug bezeichnet sind, kann der Rechnungsempfänger die Rechnung nicht sachlich prüfen. Beispielsweise ist eine Position wie „Dienstleistung pauschal – 1000 €“ oder „Lieferung gemäß Angebot“ ohne nähere Spezifikation nicht prüffähig, da unklar bleibt, welche Leistung konkret abgerechnet wird. Der Empfänger kann dann nicht beurteilen, ob die Berechnung korrekt und vertraglich geschuldet ist. Die Angabe muss so präzise sein, dass ein sachverständiger Dritter sie ohne weitere Informationen nachvollziehen kann.

  • Rechenfehler und widersprüchliche Beträge: Rechnungen mit mathematischen Fehlern (z.B. Summierung stimmt nicht, MwSt falsch berechnet) oder mit Widersprüchen zwischen Einzelposten und Gesamtsumme gelten als nicht prüffähig. Beispiel: Die Netto- und Steuerbeträge ergeben addiert nicht den angegebenen Bruttogesamtbetrag, oder es wird ein falscher Steuersatz ausgewiesen (z.B. „19% USt“ deklariert, aber rechnerisch 7% verwendet). Solche Inkonsistenzen untergraben die Glaubwürdigkeit der Rechnung. Schon geringe Abweichungen (Cent-Differenzen) können in der automatisierten Prüfung zum Ausweis eines Fehlers führen, der geklärt werden muss.

  • Formale Fehler bei Namen/Adresse: Wenn der Rechnungsaussteller oder -empfänger nicht korrekt benannt ist, kann die Zuordnung scheitern. Etwa Rechnungen an Großkonzerne ohne Angabe der genauen Konzerngesellschaft oder mit falscher Adresse (die nicht mit der im System hinterlegten Anschrift übereinstimmt) werden oft zurückgewiesen. Auch die Verwendung von abgekürzten oder fantasievollen Namen statt des offiziellen Firmennamens kann Probleme bereiten, sofern die Identität nicht zweifelsfrei hervorgeht. (Allerdings, wie oben erwähnt, ist eine c/o-Adresse zulässig, solange Erreichbarkeit gegeben ist.) Wichtig ist, dass Name und Anschrift eindeutig sind – fehlt z.B. die Hausnummer oder der Name des Empfängers vollständig, ist die Rechnung nicht prüffähig.

  • Fehlender Steuerbetrag oder falsche Steuerangaben: Weist eine Rechnung bei steuerpflichtigen Umsätzen keinen Umsatzsteuerbetrag aus, so ist sie für den Vorsteuerabzug ungeeignet. Ebenso problematisch: Der Steuersatz wird nicht angegeben oder falsch (z.B. 0% ohne Hinweis auf Befreiung). Der Vorsteuerabzug setzt einen gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag voraus – fehlt dieser (außer in Fällen der Kleinbetragsrechnung oder echter Steuerbefreiung mit Vermerk), kann die Vorsteuer nicht geltend gemacht werden. Ein häufiges Fehlerbeispiel sind Rechnungen von Kleinunternehmern, die fälschlich Umsatzsteuer ausweisen; diese sind formal falsch, da Kleinunternehmer keine USt ausweisen dürfen (§ 19 UStG).

  • Keine eindeutige Bezugnahme bei mehreren Dokumenten: Wenn eine Rechnung aus mehreren Dokumenten besteht (z.B. separater Lieferschein mit Leistungsaufstellung und separates Preisblatt), müssen diese eindeutig zueinander referenzieren. Fehlt der Verweis – etwa die Rechnung nennt nicht die Angebots- oder Lieferscheinnummer – können die Unterlagen nicht als zusammengehörig geprüft werden. In solchem Fall gilt die Rechnung als unvollständig. § 31 UStDV erlaubt zwar Rechnungen, die sich aus mehreren Dokumenten zusammensetzen, verlangt aber, dass alle anderen Dokumente bezeichnet werden und das Entgelt+Steuer in einem Dokument zusammengefasst sind. Ohne diese Bezüge verliert die Rechnung ihre Prüffähigkeit.

  • Sonstige Fehler: Auch andere Unstimmigkeiten können eine Rechnung „unprüfbar“ machen, z.B. fehlende Unterschrift dort, wo sie vertraglich verlangt wird (rechtlich ist eine Unterschrift zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, doch intern oder vertraglich manchmal gefordert). Weiterhin problematisch sind handschriftliche Änderungen oder Korrekturen auf der Rechnung, die nicht gegengezeichnet oder dokumentiert sind – sie werfen Zweifel an der Authentizität auf. Schließlich kann sogar die Art der Übermittlung eine Rolle spielen: Wird eine elektronische Rechnung ohne Zustimmung des Empfängers zugesandt (sofern nicht bereits gesetzlich verpflichtet), könnte der Empfänger die Annahme verweigern – faktisch ist die Rechnung dann nicht in seinen Workflow eingebunden und somit nicht prüffähig im prozessualen Sinne.

Eine Rechnung ist immer dann nicht prüffähig, wenn sie den gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht oder so fehlerhaft ist, dass der Empfänger sie nicht ohne Weiteres prüfen und in seine Buchhaltung übernehmen kann. In großen Unternehmen mit automatisierten Prüfprozessen führen solche Fehler typischerweise zu einer automatischen Zurückweisung oder Sperrung der Rechnung im System.

Unmittelbare rechtliche und steuerliche Folgen einer nicht prüffähigen Rechnung

  • Versagung des Vorsteuerabzugs: Aus steuerlicher Sicht ist die wohl gravierendste Folge, dass der Empfänger keine Vorsteuer geltend machen kann, solange die Rechnung nicht korrekt ist. Das Finanzamt wird den Vorsteuerabzug nach § 15 UStG nur anerkennen, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Fehlen Pflichtangaben oder bestehen Zweifel an deren Richtigkeit, kann der Betriebsprüfer den Vorsteuerabzug kürzen oder streichen. Der Empfänger muss dann die bereits abgezogene Umsatzsteuer nachzahlen und meist Verzugszinsen entrichten. Eine Rechnung z.B. ohne Steuerausweis führt zwingend zur Versagung des Vorsteuerabzugs, bis sie berichtigt wird. Zwar erlaubt die Rechtsprechung eine nachträgliche Rechnungsberichtigung, doch entfaltet diese nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Rückwirkung – der Vorsteuerabzug kann also erst in dem Zeitraum vorgenommen werden, in dem die korrigierte Rechnung vorliegt. (Der BFH hat in bestimmten Entscheidungen angedeutet, dass bei Vorliegen bestimmter Mindestangaben eine Rückwirkung möglich sein könnte, doch wird dies von der Verwaltung restriktiver gehandhabt.) Im Ergebnis bedeutet dies: Eine mangelhafte Rechnung kann zu einem liquiditätswirksamen Nachteil führen, da die Vorsteuer erst später oder gar nicht gezogen werden kann.

  • Kein Fälligkeitsanspruch / Zahlungsverzugsschutz: Zivilrechtlich hat der Rechnungsempfänger bei einer nicht prüffähigen Rechnung oft das Recht, die Zahlung zurückzuhalten. Insbesondere wenn im Vertrag vereinbart ist, dass eine „prüffähige Rechnung“ vorzulegen ist (was bei größeren Unternehmen üblich ist), gilt die Forderung erst mit Zugang einer ordnungsgemäßen Rechnung als fällig. Solange wesentliche Angaben fehlen, muss der Empfänger nicht bezahlen, ohne in Verzug zu geraten. Nach allgemeiner Auffassung beginnt die im Geschäftsverkehr häufig geltende Zahlungsfrist von 30 Tagen (§ 286 Abs. 3 BGB) erst zu laufen, wenn eine inhaltlich richtige Rechnung vorliegt. Andernfalls kann der Schuldner die Einrede geltend machen, die Rechnung sei nicht prüfbar und daher die Leistung noch nicht „bewirkt“. Praktisch bedeutet dies: Der Rechnungsempfänger kann die Begleichung der Rechnung verweigern oder sie an den Aussteller zurückweisen, verbunden mit der Aufforderung zur Korrektur. Für den Lieferanten verzögert sich dadurch der Zahlungseingang, was Liquiditätsnachteile nach sich ziehen kann. Zudem kann der Verkäufer aus einer fehlerhaften Rechnung zunächst keine gesetzlichen Verzugszinsen oder Mahngebühren ableiten, da der Verzug mangels fälliger Forderung nicht eintritt.

  • Vertrags- und Haftungsrisiken: In bestimmten Branchen (z.B. Bau, Handwerk) ist die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung explizit Vertragsbestandteil. Eine nicht prüffähige Rechnung kann hier dazu führen, dass vertragliche Fristen (etwa für Prüfbarkeit und Zahlung) nicht zu laufen beginnen. Gegebenenfalls verwirkt der Unternehmer sogar vertragliche Rechte, bis die Rechnung berichtigt ist. In extremen Fällen – etwa bewusste „Ohne-Rechnung-Abreden“ zur Steuerhinterziehung – führt die fehlende Rechnung bzw. ein Verstoß gegen Rechnungspflichten zur Nichtigkeit des Vertrags nach § 134 BGB (Verstoß gegen ein Gesetz, hier UStG). Der BGH hat entschieden, dass Schwarzarbeitsverträge ohne Rechnungslegung nichtig sind und keinerlei Zahlungsansprüche begründen. Zwar ist dieser Extremfall anders gelagert (bewusste Umgehung), zeigt aber, welche hohe Bedeutung der Gesetzgeber der Rechnungserteilung beimisst. Auch ohne kriminelle Absicht kann eine andauernd fehlerhafte Rechnungsstellung das Vertrauensverhältnis zwischen Geschäftspartnern belasten und im Wiederholungsfall zur Kündigung von Lieferantenbeziehungen führen.

  • Bilanzielle und buchhalterische Folgen: Fehlt eine prüffähige Rechnung, darf der Geschäftsvorfall nicht ordnungsgemäß verbucht werden (oder nur mit Vorbehalt). Für den Jahresabschluss bedeutet das Unsicherheit: Entweder muss der Aufwand/Wareneinsatz dennoch geschätzt und als Rückstellung/Aussetzung erfasst werden, oder der Abschluss spiegelt nicht den tatsächlichen Ressourcenverbrauch wider. Insbesondere der Umsatzsteueranteil darf nicht als Forderung gegenüber dem Finanzamt (Vorsteuer) aktiviert werden, sondern verbleibt als Teil der Ausgabenkosten. Dies kann die Gewinn- und Verlustrechnung belasten. Wenn die Rechnung später korrigiert wird, müssen Buchungen ggf. nachträglich angepasst werden, was zu Aufwand in der Buchhaltung und möglichen Fehlerquellen führt. Außerdem verlangen die GoBD, dass jeder Änderungsschritt dokumentiert wird – eine nachträgliche Korrektur verursacht also zusätzlichen Dokumentationsaufwand (Vermerk der Berichtigung, Ablage beider Versionen etc.). Sollte ein Prüfer feststellen, dass das Unternehmen Vorsteuer aus einer unvollständigen Rechnung gezogen hat, drohen Steuernachzahlungen samt Zinsen und ggf. Geldbußen.

  • Bußgelder und strafrechtliche Aspekte: Die Ausstellung von Rechnungen mit formellen Mängeln ist an sich noch keine Straftat. Allerdings können bestimmte Verstöße zu Ordnungswidrigkeiten führen. So kann bspw. das bewusste Ausstellen einer Rechnung ohne gesetzlich erforderliche Angaben (etwa um einem Kunden Vorsteuerabzug zu ermöglichen, obwohl gar keine echte Lieferung vorliegt) als Gefälligkeitsrechnung gewertet werden und gegen § 26a UStG verstoßen, was mit Bußgeld bis zu 5.000 € geahndet werden kann. Werden falsche Angaben gemacht, um Steuern zu verkürzen (z.B. Scheinadressen, Scheinrechnungen), liegt sogar der Verdacht der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) nahe, was strafrechtliche Folgen für den Aussteller haben kann. Für den Rechnungsempfänger besteht das Risiko, bei grob fahrlässiger Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus falschen Rechnungen ebenfalls belangt zu werden. Insgesamt ist das Compliance-Risiko erhöht: Ein Unternehmen, das Rechnungen nicht sorgfältig prüft, läuft Gefahr, in unwissentliche Beihilfe zu Steuerverstößen zu geraten.

Mangelhafte Rechnungen können sowohl steuerliche Nachteile (kein Vorsteuerabzug, Nachzahlungen), rechtliche Verzögerungen (Zahlungsanspruch ruht) als auch betrieblichen Mehraufwand und Risiken (zusätzliche Korrekturläufe, mögliche Sanktionen) auslösen. Es liegt daher im vitalen Interesse jedes vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmens, auf prüffähige Eingangsrechnungen zu bestehen.

Organisatorische und buchhalterische Konsequenzen im Unternehmen

In großen Unternehmen mit geregelten Prozessen löst eine nicht prüffähige Rechnung intern sofort abweichende Workflows und Kontrollmaßnahmen aus.

Typische organisatorische und buchhalterische Konsequenzen sind:

  • Zahlungsfristen und Skontoverlust: Der Eingang einer fehlerhaften Rechnung setzt interne Fristen in Gang. Solange die Rechnung nicht korrigiert vorliegt, wird sie meist nicht zur Zahlung freigegeben. Dies kann dazu führen, dass vereinbarte Zahlungsziele nicht eingehalten werden. Infolgedessen können Skonto-Fristen verstreichen – Rabatte für schnelle Zahlung gehen verloren, was finanzielle Nachteile bedeutet. Auch das Risiko, dass der Lieferant nach 30 Tagen eine Mahnung schickt, steigt, obwohl die Verzögerung durch dessen fehlerhafte Rechnung verursacht wurde. Unternehmen müssen daher Lieferanten oft proaktiv informieren, dass die Rechnung in Klärung ist, um Mahnkosten oder Verstimmungen zu vermeiden.

  • Workflow-Unterbrechungen: In modernen Buchhaltungssystemen (z.B. SAP) ist der Rechnungseingang stark workflow-gesteuert. Eine korrekt eingehende Rechnung kann oft automatisch verbucht und bezahlt werden. Trifft jedoch eine Rechnung mit Abweichungen ein, wird der Standardprozess unterbrochen. Die Rechnung wird typischerweise mit einem Prüfvermerk oder „Zahlungssperre“ versehen und in einen manuellen Klärungsprozess übergeleitet. Verschiedene Abteilungen müssen nun eingreifen: z.B. prüft die Fachabteilung die Sachangaben, die Buchhaltung korrigiert formale Dinge, der Einkauf nimmt ggf. Kontakt zum Lieferanten auf. Dieser Mehraufwand kostet Zeit und personelle Ressourcen. Ein idealtypischer Eingangsrechnungs-Workflow umfasst Schritte wie Erfassung, sachliche Prüfung, rechnerische Prüfung, Freigabe und Zahlung – jeder dieser Schritte kann bei Unstimmigkeiten stopppen und Schleifen erfordern. In Extremfällen müssen Rechnungen mehrfach zwischen Abteilungen zirkulieren (Einkauf, fachliche Bestellung, Buchhaltung), bis alle Fehler bereinigt sind. Dies verlängert die Durchlaufzeit erheblich.

  • SAP/ERP-Systemreaktionen: In ERP-Systemen werden für die Rechnungskontrolle spezifische Mechanismen eingesetzt. Beispielsweise kennt SAP die 3-Wege-Prüfung (Abgleich von Bestellung, Wareneingang und Rechnung). Stimmen die Angaben nicht überein (etwa Preisabweichungen oder fehlende Bestellreferenz), setzt SAP automatisch einen Buchungsblock (z.B. „RV-Sperre“ bei der Rechnungsprüfung). Diese Rechnungen tauchen in Auswertungen als „gesperrt“ auf und müssen manuell freigegeben werden. Die Verantwortlichen erhalten oft elektronische Benachrichtigungen oder Aufgaben in ihrem Workflow-Tool, um die Differenz zu klären. So wird z.B. der Einkäufer aufgefordert, die Differenz zu prüfen, oder der Kreditorenbuchhalter soll fehlende Angaben ergänzen. Bis zur Klärung verbleibt die Rechnung „in Schwebe“ und kann nicht bezahlt werden. Solche Systemeinträge sind notwendig, um unberechtigte Zahlungen zu verhindern, führen aber zu hohem administrativem Aufwand bei jeder Ausnahme. Auch müssen die Mitarbeiter die SAP-Sperrcodes (wie z.B. „Zahlungssperre U wegen Umsatzsteuerfehler“) richtig interpretieren und entsprechende Folgemaßnahmen ergreifen.

  • Compliance-Kontrollen: Große Unternehmen haben häufig interne Kontrollsysteme (IKS) etabliert, die die Ordnungsmäßigkeit von Rechnungen sicherstellen sollen. Ist eine Rechnung nicht prüffähig, greifen diverse Compliance-Kontrollen: Zum einen darf die Rechnung buchhalterisch nicht weiterverarbeitet werden – oft ist eine Freigabe durch einen Vorgesetzten oder eine zweite Person (Vier-Augen-Prinzip) erforderlich, um z.B. dennoch den Aufwand zu buchen (ohne Vorsteuer). Zum anderen werden solche Fälle häufig dokumentiert (etwa in einem „Fehlerprotokoll“ oder mittels spezieller Marker im System), um im Rahmen von SOX- oder GoBD-Audits nachzuweisen, dass kein Verstoß gegen Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit vorliegt. Unternehmen führen mitunter Stichprobenkontrollen durch, ob alle gebuchten Rechnungen die Pflichtangaben aufweisen – eine nicht prüffähige Rechnung würde hier als Fehlermeldung aufschlagen. Ferner kann die Compliance-Abteilung bei systematischen Problemen aktiv werden: Z.B. wenn ein bestimmter Lieferant immer wieder falsche Rechnungen schickt, wird dieser Vorgang erfasst und ggf. der Einkauf informiert, um eine Lösung mit dem Lieferanten herbeizuführen (bis hin zur Sperrung des Lieferantenstamms, falls Verdacht auf Manipulation besteht).

  • Buchhalterische Zwischenlösungen: Wenn eine Rechnung fehlerhaft ist, aber die Lieferung bereits erfolgt, steht das Unternehmen vor der Frage, wie der Geschäftsfall interimistisch zu behandeln ist. Viele Unternehmen bilden in solchen Fällen „offene Posten“ oder nutzen Interimskonten. Beispielsweise könnte die Nettosumme als Verbindlichkeit gebucht werden, der Vorsteuerbetrag jedoch auf ein Transitkonto gestellt werden, bis die Vorsteuer gezogen werden darf. Das erhöht die Komplexität der Buchhaltung, da später eine Umbuchung erfolgen muss, wenn die korrekte Rechnung eintrifft. Zudem müssen diese Fälle überwacht werden, damit keine Rechnung „liegenbleibt“ und unbezahlt oder unkorrigiert bleibt. Oft werden interne Fristen definiert, bis wann eine Klärung erfolgt sein muss (z.B. innerhalb von 14 Tagen seit Rechnungseingang). Wird diese Frist überschritten, können Eskalationsmechanismen greifen (Benachrichtigung an Vorgesetzte, Eintrag in Monatsreport).

  • Auswirkungen auf Abschluss und Reporting: In der Finanzbuchhaltung müssen am Periodenende alle wesentlichen Aufwendungen erfasst sein. Nicht prüffähige Rechnungen stellen Buchhalter vor Probleme bei Monats- und Jahresabschlüssen. Sie müssen beurteilen, ob für eine offene, nicht gebuchte Rechnung eine Rückstellung gebildet werden muss (wenn Leistung erbracht, aber keine buchbare Rechnung vorliegt) oder ob der Aufwand erst später erfasst werden darf. Das kann zu Abgrenzungsproblemen führen. Außerdem beeinflusst eine verweigerte Vorsteuer den Ausweis der Umsatzsteuerkonten und der kurzfristigen Verbindlichkeiten. Im Worst Case müssen Berichte an das Management angepasst werden, um zu erklären, warum bestimmte Kosten höher erscheinen (weil Vorsteuer zeitweise als Kosten mitgeführt wird). Auch das Audit Committee eines börsennotierten Unternehmens interessiert sich für solche Abweichungen, da fehlerhafte Rechnungen ein operationales Risiko darstellen, das gemanagt werden muss.

Kurzum: Eine einzige nicht prüffähige Rechnung kann in einem großen Unternehmen einen Rattenschwanz an internen Aktivitäten auslösen – von manuellen Prüfungen über Systembuchungen bis hin zu Management-Reports. Multipliziert man dies mit der Menge an Eingangsrechnungen, wird klar, dass Effizienzverluste drohen, wenn Rechnungen häufig mängelbehaftet sind. Dies erklärt den starken Anreiz, durch Präventionsmaßnahmen (siehe nächster Punkt) sicherzustellen, dass Rechnungen von Anfang an prüffähig sind.

Sicherstellung der Prüffähigkeit durch betriebliche Maßnahmen

Große Unternehmen setzen eine Reihe von präventiven und kurativen Maßnahmen ein, um die Prüffähigkeit von Eingangsrechnungen sicherzustellen. Ziel ist es, Fehler bereits vor oder beim Rechnungseingang zu vermeiden und eingehende Rechnungen möglichst automatisiert prüfen zu können.

Wichtige betriebliche Maßnahmen sind unter anderem:

  • Klare Vorgaben an Lieferanten: Unternehmen formulieren häufig Rechnungsrichtlinien oder Hinweise für ihre Lieferanten. In Einkaufsbedingungen großer Konzerne findet sich meist ein Abschnitt „Rechnungstellung“, der z.B. fordert, dass die Rechnung Bestellnummer, Lieferscheinnummer und Ansprechpartner enthalten muss. Durch solche Vorgaben (oft auf der Bestellung oder im Lieferantenportal kommuniziert) wird sichergestellt, dass der Lieferant alle erforderlichen Informationen liefert, damit die Rechnung intern zuordenbar und prüfbar ist. Viele Unternehmen machen die Einhaltung dieser Vorgaben zur Voraussetzung für die Zahlung. Praktisch heißt das: Fehlt z.B. die PO-Nummer, wird die Rechnung zurückgeschickt. Diese „No PO, no Pay“-Politik zwingt Lieferanten, von Anfang an prüffähige Rechnungen auszustellen.

  • Digitale Rechnungseingangsprüfung: Die Digitalisierung bietet Werkzeuge, um die Prüffähigkeit zu erhöhen. Moderne Eingangsrechnungssysteme scannen oder importieren Rechnungen und führen automatisierte Plausibilitätskontrollen durch. Beispielsweise werden eingelesene Rechnungsdaten per OCR erkannt und gegen Pflichtfeldlisten validiert: Ist eine Rechnungsnummer vorhanden? Entspricht das Rechnungsdatum dem erwarteten Format? Ist ein Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen? Fehlen Daten, erzeugt das System einen Fehlereintrag. Auch ein Abgleich mit Stammdaten erfolgt: Stimmt die Lieferantenadresse mit der hinterlegten Adresse überein? Stimmen die Bankverbindungen? – So können verdächtige oder unvollständige Belege sofort aussortiert werden, bevor sie ins Hauptbuch gelangen. Viele Unternehmen setzen auf Workflow-Software (z.B. SAP Invoice Management, Basware, d.velop, etc.), die standardisierte Prüfregeln implementiert. Bei Abweichungen wird die Rechnung digital an einen Bearbeiter zur Klärung geleitet. Dies stellt sicher, dass nur freigegebene und prüffähige Rechnungen letztlich bezahlt werden.

  • E-Rechnung und strukturierte Formate: Ein wesentlicher Trend ist die Einführung von elektronischen Rechnungsformaten wie ZUGFeRD oder XRechnung (dem XML-basierten Standard, der für Behörden verpflichtend ist). Diese Formate erzwingen strukturiert alle benötigten Datenfelder. Eine XRechnung z.B. enthält separate Felder für Rechnungsdatum, -nummer, Adressen, Steuersummen etc., die dem Standard entsprechen müssen. Dadurch wird technisch sichergestellt, dass eine Rechnung alle vorgeschriebenen Informationen beinhaltet – ein Validierungsprogramm weist eine fehlerhafte E-Rechnung ab. Die Verwendung von E-Rechnungen eliminiert auch Übertragungsfehler: Die Daten können direkt ins ERP-System übernommen werden, manuelle Tipparbeit entfällt. Viele Großunternehmen motivieren ihre Lieferanten daher, auf E-Invoicing umzustellen, oder betreiben Web-Portale, in denen Lieferanten Rechnungen über ein Formular erfassen müssen. Das Portal lässt das Absenden erst zu, wenn alle Pflichtfelder gefüllt sind. Dies alles führt zu einer signifikanten Verringerung nicht prüffähiger Rechnungen.

  • Automatisierte Erkennungssysteme (OCR/KI): Falls papierbasierte Rechnungen noch eingehen, nutzen Unternehmen OCR (Optical Character Recognition) gepaart mit KI-Algorithmen, um Rechnungsdaten auszulesen und zu prüfen. Trainierte Software kann bspw. erkennen, ob im Text der Rechnung eine gültige Steuernummer vorkommt oder ob eine Positionsliste mit Summen vorhanden ist. Anomalien – etwa fehlende Beträge oder ungewöhnliche Formulierungen – können durch KI gemeldet werden. Zukünftig hilft künstliche Intelligenz auch dabei, unklare Leistungsbeschreibungen zu identifizieren (z.B. Flag „Beschreibung zu unspezifisch“) oder Dubletten zu erkennen (wenn dieselbe Rechnungsnummer zweimal auftaucht). Diese Systeme verbessern sich mit Feedback kontinuierlich und entlasten die Mitarbeiter von Routineprüfungen.

  • Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter: Technik allein genügt nicht – geschultes Personal bleibt essenziell. Große Unternehmen investieren in die Ausbildung ihrer Kreditorenbuchhalter und Einkäufer, um Rechnungsfehler zu erkennen und korrekt zu handhaben. Schulungen umfassen z.B. die aktuellen Anforderungen des UStG/GoBD, typische Fehlerbilder und die internen Prozesse zur Rechnungsfreigabe. Mitarbeiter lernen Checklisten: Ist die Rechnung rechnerisch richtig? Stimmen Bestellnummer und Wareneingang? Sind alle Pflichtangaben drauf? – Durch solche Schulungen wird die Sensibilität erhöht; verdächtige Rechnungen werden sofort markiert. Auch außerhalb der Buchhaltungsabteilung wird geschult: Projektleiter oder technische Abnehmer, die Eingangsrechnungen sachlich prüfen müssen, lernen, worauf zu achten ist (etwa korrekte Leistungszeiträume, Vertragskonformität der Rechnung). Letztlich entsteht eine Firmenkultur, in der jeder weiß: Nur eine prüffähige Rechnung wird bezahlt.

  • Interne Kontrollmechanismen und Richtlinien: Unternehmen etablieren standardisierte Prozesse und dokumentieren diese in Verfahrensanweisungen. Beispielsweise wird im internen IKS-Dokument festgelegt, wie mit fehlerhaften Rechnungen umzugehen ist: „Wenn Pflichtangaben fehlen, dann sofort Rücksendung an Lieferant und Erfassung in Fehlerdatenbank.“ Es gibt auch häufig Doppelprüfungen – eine Person erfasst die Rechnung, eine zweite prüft die Erfassungsqualität und Freigabekriterien (Vier-Augen-Prinzip). Zudem werden technische Sperren eingebaut: z.B. erlaubt das System nicht, eine Rechnung ohne Eingabe eines Leistungsdatums zu buchen; oder es erzwingt einen Scan des Originalbelegs im System, bevor die Buchung abgeschlossen wird (so erfüllt man GoBD-Anforderungen an die Unveränderbarkeit, da der Scan im Archiv revisionssicher gespeichert wird). Durch solche Maßnahmen wird verhindert, dass eine nicht prüffähige Rechnung „durchrutscht“.

  • Lieferantenmanagement und Feedback: Ein oft unterschätzter Aspekt ist das aktive Lieferantenmanagement in Bezug auf Rechnungsqualität. Unternehmen analysieren, von welchen Lieferanten vermehrt falsche Rechnungen kommen, und gehen das Problem an der Wurzel an. Der Einkauf oder die Kreditorenbuchhaltung gibt Feedback an den Lieferanten: entweder informell durch Hinweise („Bitte achten Sie zukünftig auf Angabe unseres Bestell-Codes…“) oder formal durch einen schriftlichen Rechnungskürzungs- bzw. Korrekturauftrag. Manche Unternehmen vereinbaren vertraglich, dass sie bei fehlerhaften Rechnungen berechtigt sind, diese an den Aussteller zurückzuschicken und die Zahlung bis dahin auszusetzen. Im Extremfall kann ein Unternehmen, wenn ein Lieferant wiederholt die Vorgaben ignoriert, diesen auf „Hold“ setzen – d.h. keine neuen Bestellungen mehr an ihn vergeben, bis die Rechnungslegung den Standards entspricht. Dieses Eskalationsmittel schafft starken Anreiz für Lieferanten, von Anfang an prüffähige Rechnungen zu liefern.

  • Verfahrensdokumentation und Audit Trail: Um Compliance sicherzustellen, erstellen Unternehmen eine Verfahrensdokumentation für den Rechnungseingangsprozess (Pflicht nach GoBD). Darin wird detailliert beschrieben, wie eine Rechnung vom Eingang bis zur Archivierung behandelt wird, welche Kontrollen auf Prüffähigkeit stattfinden und wie Fehler korrigiert werden. Diese Dokumentation stellt sicher, dass im Falle einer Steuerprüfung lückenlos nachgewiesen werden kann, dass das Unternehmen alles Zumutbare unternimmt, um nur prüffähige, ordnungsmäßige Belege zu verbuchen. Sie enthält bspw. die Beschreibung der Scanprozesse, der OCR-Erkennung, der manuellen Prüfprozeduren und der Berechtigungen der Mitarbeiter. Ein definierter Audit-Trail (Protokoll) im ERP-System zeichnet alle Änderungen an Rechnungsdatensätzen auf – wer hat wann welche Korrektur gemacht, wann wurde die Rechnung freigegeben etc. – und erfüllt so die GoBD-Forderung nach Nachprüfbarkeit. Diese Maßnahmen sichern nicht direkt die Prüffähigkeit der Rechnung selbst, wohl aber die Prüfbarkeit des Prozesses, was letztlich ebenfalls von Bedeutung ist.

Durch die Kombination dieser Maßnahmen – Organisation, Technik, Schulung und Kontrolle – gelingt es großen Unternehmen, das Risiko nicht prüffähiger Rechnungen deutlich zu reduzieren. Ziel ist ein möglichst „fehlerfreier“ Rechnungseingang, der ohne manuelle Eingriffe verarbeitet werden kann. Dies spart Zeit und Geld und gewährleistet die Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben. Die Realität zeigt jedoch, dass trotz aller Prävention immer wieder Rechnungsfehler auftreten. Dann greifen die etablierten Prozesse (vgl. Punkt 5), um Schäden zu begrenzen. Im Idealfall jedoch wird durch konsequente betriebliche Maßnahmen erreicht, dass Prüffähigkeit zum Standard wird – sowohl zum Vorteil des Unternehmens (reibungslose Abläufe, sicherer Vorsteuerabzug) als auch des Lieferanten (schnelle Bezahlung, weniger Rückfragen).