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Audit- und Überwachungsprozess von Fremdfirmen

Facility Management: Fremdfirmenmanagement » Auftraggeber » Lieferantenentwicklung » Audit

Audit- und Überwachungsprozess von Fremdfirmen

Audit- und Überwachungsprozess von Fremdfirmen

Der Einsatz von Fremdfirmen (Auftragnehmern) ist längst zur gängigen Praxis geworden. Dabei entsteht eine komplexe Auftragsstruktur, in der externe und interne Arbeitskräfte Seite an Seite arbeiten. Diese Entwicklung bringt erhebliche Chancen, aber auch Risiken mit sich. Statistiken zeigen etwa, dass Beschäftigte von Fremdfirmen im Durchschnitt zwei- bis dreimal häufiger Arbeitsunfällen ausgesetzt sind als Stammbeschäftigte. Ein regelmäßiger Audit- und Überwachungsprozess ist dafür das geeignete Werkzeug. Unternehmen, die ihn mit methodischer Gründlichkeit und praktischer Vernunft umsetzen, werden nicht nur Unfälle und Rechtsverstöße vermeiden, sondern auch eine höhere Wertschöpfungsqualität erzielen. Letztlich ist Fremdfirmenmanagement kein isoliertes Projekt, sondern Ausdruck einer ganzheitlichen Unternehmensführung, die alle Akteure – ob intern oder extern – in die Pflicht nimmt und zum gemeinsamen Erfolg führt.

Ein regelmäßiger Audit- und Überwachungsprozess ist nicht nur zur Risikominimierung und Compliance-Sicherung unerlässlich, sondern dient auch als Instrument zur Qualitätssicherung und zur partnerschaftlichen Integration von Fremdfirmen in die Unternehmensabläufe.

Auditprozesse im Fremdfirmenmanagement standardisieren

Rechtliche und normative Grundlagen

In Deutschland bewegt sich die Zusammenarbeit mit Fremdfirmen in einem dichten Geflecht von Gesetzen, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften. Zusätzlich geben Normen und branchenspezifische Regelwerke den Rahmen vor.

Im Folgenden werden die wesentlichen rechtlichen Grundlagen sowie relevante Normen und Standards dargestellt, die bei Auditierung und Überwachung von Fremdfirmen zu berücksichtigen sind:

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) : Zentral für den Fremdfirmeneinsatz ist § 8 ArbSchG, der ausdrücklich die Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber fordert, wenn Beschäftigte mehrerer Firmen am selben Arbeitsplatz tätig sind. Beide Seiten – Auftraggeber und Auftragnehmer – müssen sich gegenseitig über bestehende Gefahren informieren und ihre Schutzmaßnahmen koordinieren, um gegenseitige Gefährdungen auszuschließen. Kein Arbeitgeber darf dabei isoliert agieren; es gilt ein hohes Maß an Abstimmungspflicht. Praktisch wird der Begriff „gemeinsamer Arbeitsplatz“ dabei weit ausgelegt – es genügt schon ein zeitliches oder räumliches Nebeneinander der Tätigkeiten, damit Wechselwirkungen möglich sind. Daraus folgt, dass Unternehmen ihre Fürsorgepflicht auch auf betriebsfremde Personen erstrecken müssen: Alle zumutbaren Vorkehrungen sind zu treffen, um Unfälle und Gesundheitsgefahren für Fremdfirmenbeschäftigte zu verhindern. Dieses Kooperationsgebot des ArbSchG ist eine konkrete Ausprägung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 BGB), wonach jedes Unternehmen zivilrechtlich für Verletzungen haftet, wenn es notwendige Sicherungsmaßnahmen für alle Personen auf dem Betriebsgelände unterlässt. Darüber hinaus verpflichtet § 12 ArbSchG den Arbeitgeber, alle Beschäftigten angemessen über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu unterweisen – bei Fremdfirmen trifft diese Unterweisungspflicht denjenigen, der die Arbeitsbedingungen vor Ort bestimmt, also den Einsatzbetrieb. Der Entleiher oder Auftraggeber muss sich gem. ArbSchG § 8 Abs.2 vergewissern, dass die Fremdfirmenbeschäftigten angemessene Einweisungen in die Gefahren erhalten haben, bevor sie tätig werden. Diese Vorgaben machen deutlich, dass Organisation und Dokumentation von Unterweisungen zentraler Bestandteil des Fremdfirmenmanagements sind.

  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) : Die BetrSichV konkretisiert den Arbeitsschutz für Arbeitsmittel und Anlagen. Sie betont ebenfalls die Pflicht zur Abstimmung bei gleichzeitigem Wirken mehrerer Arbeitgeber (§ 13 BetrSichV). Insbesondere schreibt § 13 Abs.3 BetrSichV vor, dass bei erhöhter Gefährdung der Beschäftigten anderer Arbeitgeber ein Koordinator bestellt werden muss, der die Schutzmaßnahmen abstimmt. Diese Pflicht spiegelt das ArbSchG wider und stellt sicher, dass gerade in gemeinsam genutzten Anlagen – etwa in Industriebetrieben mit Wartungsteams externer Firmen – eine verantwortliche Person mit entsprechenden Befugnissen die Arbeiten koordiniert. Zudem regelt die BetrSichV den sicheren Umgang mit sog. überwachungsbedürftigen Anlagen (z.B. Druckbehälter, Dampfkessel, Aufzüge). Wartungen und Prüfungen solcher Anlagen dürfen nur von befähigten Personen oder zugelassenen Überwachungsstellen durchgeführt werden. Für den Fremdfirmeneinsatz bedeutet das: Der Auftraggeber muss sicherstellen, dass die beauftragte Firma das erforderliche Fachpersonal mit entsprechenden Befähigungen stellt oder anerkannte Prüforganisationen einbindet. So verlangt § 15 BetrSichV etwa, dass vor Inbetriebnahme oder Änderungen bestimmter Anlagen eine Prüfung durch eine ZÜS (z.B. TÜV) oder befähigte Person erfolgt – eine Aufgabe, die häufig an externe Fachfirmen delegiert wird. In der Praxis muss also vor Auftragserteilung geprüft werden, ob die Fremdfirma alle gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen und Qualifikationen besitzt (etwa Schweißerprüfungen, Elektrikerqualifikation, behördliche Genehmigungen etc.), da Arbeiten ohne die nötigen Befähigungen nicht nur zu Qualitätsmängeln, sondern auch zu Unfällen mit potenziell schweren Folgen führen können. Vernachlässigt der Betreiber diese Sorgfalt bei Auswahl und Überwachung, drohen ihm im Schadensfall Haftung und behördliche Sanktionen.

  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) : Sind Tätigkeiten mit Gefahrstoffen betroffen, kommen weitere Spezialvorschriften ins Spiel. Gemäß § 15 GefStoffV müssen Arbeitgeber, wenn mehrere gleichzeitig mit Gefahrstoffen arbeiten, eng zusammenwirken und sich abstimmen. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) präzisieren diese Pflichten. So verlangt etwa TRGS 519 (Asbest) strikt, dass Abbruch- oder Sanierungsarbeiten an asbesthaltigen Materialien nur von behördlich zugelassenen Fachbetrieben mit entsprechend qualifiziertem Personal durchgeführt werden dürfen. Ähnliches gilt für Arbeiten in kontaminierten Bereichen (TRGS 524) etc. Der Grundsatz lautet hier: Bei speziellen Gefahren müssen speziell qualifizierte und konzessionierte Unternehmen eingesetzt werden. Ein korrektes Fremdfirmenmanagement kennt diese Vorgaben und verpflichtet Fremdfirmen vertraglich, nur geeignete Fachkräfte einzusetzen sowie behördliche Nachweise (z.B. Sachkundenachweise nach TRGS) vorzulegen.

  • Unfallverhütungsvorschriften (DGUV) : Neben staatlichen Gesetzen sind die berufsgenossenschaftlichen Vorschriften verbindlich. Besonders relevant ist DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention), die in § 6 analog zum ArbSchG vorschreibt, dass bei Aufträgen an Externe eine verantwortliche koordinierende Person zu bestellen ist, wenn Gefährdungen für Beschäftigte mehrerer Firmen auftreten können. Diese Person – oft als Fremdfirmenkoordinator bezeichnet – überwacht die Zusammenarbeit vor Ort und muss mit der nötigen Weisungsbefugnis ausgestattet sein, um bei Verstößen einschreiten zu können. Die DGUV verlangt zudem, dass die Tätigkeiten von Fremdfirmen in die betriebliche Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden. So sieht DGUV Regel 100-001 vor, dass bei „besonderen Gefahren“ (also Risiken, bei denen ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen ein schwerer Schaden wahrscheinlich ist) der Einsatz einer koordinierenden Aufsichtsperson zwingend ist. Beispiel: Führt eine Fremdfirma Heißarbeiten (Schweißen, Schneiden) in einer Anlage mit Explosionsgefahr durch, so ist eine besondere Aufsicht notwendig. – Zusätzlich sei erwähnt, dass die DGUV Informationsschrift 215-830 („Zusammenarbeit von Unternehmen im Rahmen von Werkverträgen“) praktische Hilfen bietet, wie die gesetzlichen Anforderungen im Detail umzusetzen sind (etwa Muster-Checklisten, Unterweisungsinhalte etc.). Diese Informationsschrift betont ebenfalls, dass klare Verantwortlichkeiten vereinbart und regelmäßig überprüft werden müssen.

  • Arbeitsrechtliche Sonderaspekte : Über den Arbeitsschutz hinaus gibt es weitere arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen beim Fremdfirmeneinsatz. So muss der Betriebsrat gemäß § 80 BetrVG darüber wachen, dass die Arbeitsschutzvorschriften auch bei Fremdfirmen eingehalten werden. In Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Betriebsrat mitzubestimmen, wenn externe Firmen beschäftigt werden sollen (§ 99 BetrVG) – dies soll u.a. sicherstellen, dass durch Fremdfirmen keine Nachteile für die Stammbelegschaft entstehen und dass diese ordentlich über die Zusammenarbeit informiert sind. In der Praxis wird daher häufig eine Zustimmung des Betriebsrats erforderlich sein, insbesondere wenn Fremdfirmen in erheblichem Umfang tätig werden oder wenn Kernbereiche betroffen sind. – Ferner ist strikt darauf zu achten, dass es sich bei dem Fremdfirmeneinsatz um echte Werk- oder Dienstverträge handelt. Die Abgrenzung zur (verdeckten) Arbeitnehmerüberlassung ist ein kritischer Punkt: Werden Mitarbeiter einer Fremdfirma in den Betriebsablauf eingegliedert und wie eigene Angestellte Weisungen aus dem Entleihbetrieb befolgen, kann rechtlich eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung oder Scheinselbständigkeit vorliegen. Dies hätte gravierende Folgen – vom Entstehen von Arbeitsverhältnissen mit dem Auftraggeber bis zu Bußgeldern und Nachzahlung von Sozialabgaben. Unternehmen müssen deshalb bei Vertragsgestaltung und praktischer Durchführung darauf achten, dass Fremdfirmen autonom ihre Leistung erbringen und die Weisungsbefugnis des Auftraggebers sich auf das Was (das Ergebnis) und notwendige Sicherheitsanweisungen beschränkt, nicht aber auf das Wie der Aufgabenerfüllung. Um Rechtsverstöße zu vermeiden, sind klare Werkverträge und Schulungen der Führungskräfte bezüglich der Grenzen zulässiger Weisungen ratsam. – Ein weiterer Aspekt ist das Mindestlohngesetz (MiLoG): Der Auftraggeber haftet gemäß § 13 MiLoG i.V.m. § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz dafür, dass auch die Beschäftigten von beauftragten Nachunternehmen den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Somit muss er durch geeignete Auswahl und Vertragsklauseln sicherstellen, dass keine Verstöße (wie z.B. Schwarzarbeit oder Lohnunterschreitung) in der Nachunternehmerkette auftreten; andernfalls drohen ihm Zahlungsansprüche der Arbeitnehmer und Ordnungswidrigkeiten. Regelmäßig verlangen Auftraggeber daher von Fremdfirmen Nachweise (Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialkassen, Dokumentation der Arbeitszeiten etc.), um ihrer Kontrollpflicht nachzukommen.

  • Datenschutzrecht : Beim Einsatz externer Firmen spielt auch der Schutz personenbezogener und vertraulicher Daten eine Rolle. Werden Fremdfirmen mit Daten des Auftraggebers betraut (etwa Wartung von IT-Systemen mit Mitarbeiterdaten, Zugang zu Kundendatenbanken oder Verarbeitung von personenbezogenen Informationen), greift die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Gemäß Art. 28 DSGVO ist in solchen Fällen ein Auftragsverarbeitungsvertrag (AVV) zu schließen, der den Dienstleister auf den Datenschutz verpflichtet. Der Auftraggeber bleibt datenschutzrechtlich verantwortlich und muss sich vergewissern, dass der Dienstleister geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Daten trifft. Doch auch wenn keine formelle Auftragsverarbeitung vorliegt, müssen bei Fremdfirmen-Einsätzen vertrauliche Unternehmensinformationen geschützt werden. Klar geregelte Zugriffsrechte und Verschwiegenheitspflichten sind notwendig, damit externe Kräfte nur auf solche Daten zugreifen, die für ihre Tätigkeit erforderlich sind. In der Praxis bedeutet dies z.B., dass Fremdfirmen-Mitarbeiter vor Einsatz eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnen und ggf. auf das Datengeheimnis verpflichtet werden. IT-Zugänge sollten zeitlich befristet und personalisiert vergeben werden. Zudem unterliegen auch die personenbezogenen Daten der Fremdfirmenmitarbeiter (Name, Qualifikation, Einsatzzeiten etc.), die im Zuge der Koordination erfasst werden, dem Datenschutz – diese sind nur zu legitimen Zwecken (Sicherheitsunterweisung, Zutrittskontrolle, Compliance-Nachweis) zu erheben und müssen sicher verwaltet sowie nach Zweckerreichung gelöscht werden. Insgesamt ist der Datenschutz zu einem festen Bestandteil von Fremdfirmen-Audits geworden: Viele Unternehmen überprüfen z.B. mittels Fragebögen oder Vor-Ort-Prüfungen, ob der Dienstleister seinerseits DSGVO-Vorgaben einhält, insbesondere wenn er mit sensiblen Daten arbeitet. Dies reduziert das Risiko von Datenschutzverstößen durch externe Partner.

Branchenspezifische Normen und Standards – Über die Gesetze hinaus existieren verschiedene Normen, Zertifizierungen und Richtlinien, die den Umgang mit Fremdfirmen regeln bzw. beeinflussen:

  • ISO 9001 (Qualitätsmanagement): Die internationale Norm ISO 9001:2015 fordert ausdrücklich die Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen, Produkten und Dienstleistungen (Abschnitt 8.4). Unternehmen müssen also Verfahren zur Bewertung, Auswahl und Überwachung von Lieferanten und Dienstleistern etablieren, um sicherzustellen, dass externe Leistungen den Qualitätsanforderungen genügen. In Audits nach ISO 9001 wird überprüft, ob z.B. regelmäßige Lieferantenbewertungen stattfinden und ob Kriterien wie Zertifikate, Leistungsnachweise, Auditberichte etc. herangezogen werden. Ein funktionierendes Fremdfirmen-Auditprogramm trägt somit direkt zur Erfüllung von ISO 9001 bei. Viele Unternehmen integrieren ihre Fremdfirmenkontrollen in das Qualitätsmanagementsystem; externe Dienstleister werden ähnlich wie Zulieferer behandelt und gemäß QM-Plan regelmäßig auditiert.

  • ISO 45001 (Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement): Diese Norm (2018 eingeführt, als Nachfolger von OHSAS 18001) betrachtet Arbeitsschutz umfassend über die gesamte Wertschöpfungskette. Zertifizierte Betriebe müssen Arbeitsschutzrisiken auch bei ausgelagerten Tätigkeiten bewerten und steuern. Dazu gehört, die Leistung externer Auftragnehmer in Sachen Arbeitsschutz zu überwachen. Ein ISO 45001-Audit wird typischerweise prüfen, ob das Unternehmen Verfahren hat, um die Arbeitsschutzstandards der Fremdfirmen sicherzustellen – etwa durch Sicherheitsvereinbarungen, Einweisungen, Überprüfungen von Unfallkennzahlen und Teilnahme externer Firmen an internen Sicherheitsprogrammen. ISO 45001 fördert die Idee, Auftragnehmer als Teil des eigenen Sicherheitssystems zu begreifen.

  • SCC (Safety Certificate Contractors): Das Sicherheits-Certifikat-Kontraktoren ist ein in Deutschland und Europa verbreitetes zertifizierbares Managementsystem speziell für kontractorische Unternehmen (typisch in Chemie, Petrochemie, Anlagenbau). Viele Auftraggeber – vor allem in hochriskanten Branchen – fordern von ihren Fremdfirmen ein SCC-Zertifikat als Nachweis eines funktionierenden SGU-Managementsystems (Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz). Um SCC-zertifiziert zu werden, muss der Kontraktor einen umfangreichen Kriterienkatalog erfüllen, der u.a. Gefährdungsbeurteilungen, Schulungen, Notfallmanagement, Rechtskonformität und Auditierungen umfasst. Das SCC-System wird durch einen nationalen Arbeitskreis (DGMK) gepflegt und beinhaltet 37 verbindliche Prüffragen zu Arbeitsschutzthemen sowie weitere Zusatzfragen. Für den Auftraggeber bedeutet ein SCC-Zertifikat, dass die Fremdfirma grundlegende Arbeitsschutzstandards implementiert hat – gleichwohl ersetzen SCC-Zertifikate nicht die projektbezogene Einweisung und Kontrolle, sie erleichtern jedoch die Vorauswahl zuverlässiger Partner. Neben SCC für Unternehmen gibt es auch persönliche SCC-Prüfungen für operativ tätige Führungskräfte und Mitarbeiter (SGU-Prüfungen), sodass auf Baustellen oft verlangt wird, dass Schlüsselpersonen ein solches Zertifikat vorweisen. In Summe hat sich SCC als Best-Practice-Standard etabliert, um vergleichbare Sicherheitsanforderungen an Fremdfirmen zu stellen und eine gegenseitige Anerkennung von Sicherheitsstandards zu erreichen.

  • Branchenspezifische Regelwerke: Je nach Branche existieren zusätzliche Standards. In der Chemieindustrie etwa hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) einen Leitfaden zum Fremdfirmenmanagement herausgegeben, der Kriterien für Auswahl, sichere Durchführung und Bewertung von Fremdfirmen enthält. Dieser Leitfaden zielt auf einheitliche Bewertungsmaßstäbe ab, sodass Mitgliedsunternehmen ihre Erfahrungen austauschen und harmonisierte Verfahren nutzen können. Auch in anderen Branchen gibt es Richtlinien: In der Bauwirtschaft beispielsweise definieren die Unfallversicherungsträger Regeln für den Umgang mit Subunternehmern (etwa die VDBUM-Standards für Kontraktoren im Anlagenbau). Im Facility Management wurde die Norm ISO 41001:2018 geschaffen, die verlangt, dass ausgelagerte FM-Leistungen wirksam geführt und überwacht werden – ein Hinweis darauf, dass Fremddienstleister auch jenseits von Produktion und Bau strategisch gemanagt werden müssen. Schließlich sei das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG, 2021) erwähnt, das den Compliance-Rahmen noch erweitert: Große Unternehmen werden verpflichtet, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten entlang ihrer gesamten Zulieferkette wahrzunehmen. Dies schließt auch die inländischen Dienstleister mit ein. Verstöße eines beauftragten Unternehmens (z.B. Kinderarbeit, Arbeitsschutzverletzungen im Ausland) können somit auf den deutschen Auftraggeber zurückfallen. Das LkSG unterstreicht, dass ein strukturiertes Fremdfirmenmanagement nicht nur betriebswirtschaftlich sinnvoll, sondern zunehmend gesetzlich eingefordert ist.

Es ergibt sich ein vielschichtiges Pflichtengefüge: Arbeitsschutzrecht, Zivilrecht, Arbeitsrecht, Datenschutz und branchenspezifische Normen greifen ineinander, um sicherzustellen, dass beim Einsatz von Fremdfirmen Sicherheit, Gesundheit und Rechte aller Beteiligten gewahrt bleiben. Der Auftraggeber steht in der Verantwortung, durch geeignete organisatorische Maßnahmen – insbesondere regelmäßige Audits und Überprüfungen – die Einhaltung dieser Vorgaben bei den Fremdfirmen zu gewährleisten. Die gesetzlichen Anforderungen bilden somit den Rahmen, innerhalb dessen ein Audit- und Überwachungsprozess gestaltet werden muss. Im nächsten Kapitel wird darauf aufbauend beschrieben, wie ein solcher Prozess methodisch umgesetzt werden kann, um den genannten Vorgaben gerecht zu werden und bestmögliche Ergebnisse für alle Seiten zu erzielen.

Methodik und Prozessgestaltung

Ein effektiver Audit- und Überwachungsprozess für Fremdfirmen muss alle Phasen der Zusammenarbeit abdecken – von der Planung und Auswahl über die Arbeitsdurchführung bis zur Nachbereitung und Bewertung. Er sollte als regelmäßiger Zyklus angelegt sein (kontinuierlicher Verbesserungsprozess), um aus Erfahrungen zu lernen und die Sicherheit sowie Compliance stetig zu erhöhen. Im Folgenden wird eine Methodik vorgestellt, die sich in der Praxis bewährt hat und in der Fachliteratur empfohlen wird.

Diese lässt sich in mehrere Schritte gliedern:

  • Bedarfsermittlung und Auftragsplanung: Zu Beginn steht die klare Definition des auszulagernden Arbeitsumfangs. Der Auftraggeber muss die geplanten Arbeiten exakt beschreiben (Lasten-/Leistungsverzeichnis) und dabei bereits sicherheitsrelevante Anforderungen einfließen lassen. Insbesondere sind die potenziellen Gefährdungen der Aufgabe zu ermitteln und in einer ersten Risikoabschätzung zu dokumentieren. Beispielsweise wird bei einem geplanten Wartungsprojekt in einer Anlage geprüft, ob besondere Risiken (Höhenarbeit, Arbeiten in Ex-Bereichen, Umgang mit Gefahrstoffen etc.) bestehen. Diese Analyse bildet die Grundlage für die ** Auswahlkriterien** und spätere Schutzmaßnahmen. Auch organisatorische Fragen werden hier geklärt: Wann und wo soll die Fremdfirma arbeiten? Welche betrieblichen Bereiche sind betroffen? Müssen Betriebsabläufe angepasst werden, um einen sicheren Einsatz zu gewährleisten? Durch diese gründliche Planungsphase kann der Auftraggeber schon frühzeitig Sicherheitsvorkehrungen einplanen (z.B. Absperrungen, Abschaltungen, Feuerwehrbereitschaft) und realistische Vorgaben definieren.

  • Sorgfältige Auswahl der Fremdfirma: Die Auswahl einer geeigneten und zuverlässigen Fremdfirma ist ein Schlüsselschritt, um spätere Probleme zu vermeiden. Gemäß der Auswahlverantwortung des Auftraggebers sollten klar definierte Kriterien angelegt werden. Zu diesen Kriterien zählen neben Preis und Fachkunde insbesondere Referenzen und Erfahrungswerte, vorhandene Zertifikate (etwa ISO 9001, ISO 45001 oder SCC), vorhandene Genehmigungen/Befähigungen, die Sicherheitsleistung in früheren Projekten sowie Selbstauskünfte der Kandidaten zu ihrem Arbeitsschutzmanagement. Viele große Unternehmen führen vor der Beauftragung eine Präqualifikation durch: Die potenziellen Auftragnehmer müssen umfangreiche Fragebögen beantworten und Nachweise vorlegen (z.B. Unfallstatistiken der letzten Jahre, Qualifikationsnachweise der Mitarbeiter, Versicherungsbestätigungen, ggf. Prüfberichte vergangener Audits). Der VCI-Fragebogen zur Sicherheitsbewertung von Fremdfirmen ist ein Beispiel für ein standardisiertes Instrument, mit dem Unternehmen die Vergleichbarkeit von Bewerbern sicherstellen können. Je nach Risikoklasse des Projekts kann auch eine Vor-Ort-Prüfung beim Anbieter stattfinden, bevor der Zuschlag erteilt wird – um zu sehen, wie es um dessen Arbeitsschutzorganisation bestellt ist (Begehung von Werkstätten, Gespräch mit der Sicherheitsfachkraft der Fremdfirma etc.). Am Ende dieser Phase sollte die ausgewählte Firma in Bezug auf Zuverlässigkeit, Fachkunde und Rechtskonformität überzeugend sein. Wichtig ist zudem, die Bonität und personelle Kapazität des Dienstleisters zu prüfen, um Ausfallrisiken zu reduzieren.

  • Vertragsgestaltung und Rollenklärung: Ist die Fremdfirma ausgewählt, müssen die Zusammenarbeit vertraglich fixiert und die Rollen definiert werden. Im Werk- oder Dienstvertrag sollten Sicherheits- und Verhaltensregeln klar verankert sein. Häufig existieren dafür beim Auftraggeber standardisierte Fremdfirmenrichtlinien, die Bestandteil des Vertrags werden. Darin wird z.B. geregelt: Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften (ArbSchG, DGUV etc.), Pflicht der Fremdfirma, nur geeignetes Personal einzusetzen und Unterweisungen durchzuführen, Mitführen persönlicher Schutzausrüstung, Meldewege bei Unfällen oder Störungen, Verbot von Alkohol/rauchen, Arbeitszeitnachweise, Entsorgung von Abfällen, Datenschutzbestimmungen usw. Beide Parteien müssen diese Vorgaben gemeinsam besprechen, damit Klarheit herrscht. Zentral ist die Benennung von Ansprechpartnern auf beiden Seiten: Eine auftraggeberseitige verantwortliche Ansprechperson (Projektleiter oder Fremdfirmenkoordinator) und eine entsprechende aufsichtsführende Person auf Seiten der Fremdfirma. Diese Personen sind für die operative Abstimmung zuständig. Im Vertrag sollte auch festgelegt werden, ob und welche Subunternehmer die Fremdfirma einsetzen darf. Ggf. bedarf der Einsatz weiterer Nachunternehmer der Zustimmung des Auftraggebers, und sie müssen die gleichen Anforderungen erfüllen. Zudem werden Weisungsrechte definiert: Der Auftraggeber hat kein allgemeines Direktionsrecht über die Fremdmitarbeiter, aber er behält sich vor, bei Sicherheitsverstößen Einzelpersonen von der Baustelle zu verweisen oder Arbeiten zu stoppen. Damit das möglich ist, muss die Fremdfirma im Vertrag anerkennen, dass die Weisungen des Koordinators in Sicherheitsfragen verbindlich sind. Durch solche klaren Regelungen im Vorfeld wird ein Rahmen geschaffen, der spätere Konflikte minimiert und dem Auftraggeber im Ernstfall Eingriffsmöglichkeiten gibt.

  • Einweisung und Schulung vor Einsatzbeginn: Bevor die Fremdfirma mit der Arbeit startet, ist eine gründliche Einarbeitung in die betrieblichen Gegebenheiten unerlässlich. § 8 Abs.2 ArbSchG fordert, dass Fremdmitarbeiter angemessene Anweisungen zu den Gefahren erhalten. In der Praxis organisiert der Auftraggeber daher eine Sicherheitsunterweisung für alle eingesetzten Personen der Fremdfirma. Diese Unterweisung sollte die relevanten Betriebs- und Sicherheitsregeln abdecken: z.B. Zutrittsverfahren, Notfallalarme, Ersthelfer und Feuerlöscher-Standorte, geltende Geschwindigkeiten und Verkehrswege auf dem Werksgelände, persönliche Schutzausrüstung, Meldewege bei Unfällen und Zwischenfällen etc.. Typischerweise werden standardisierte Unterweisungsfolien oder -videos eingesetzt, oft verfügbar in mehreren Sprachen. Viele Unternehmen koppeln daran einen Wissenstest – nur wer diesen besteht, erhält Zugang. Beispiele aus der Industrie: Chemiebetriebe wie BASF betreiben eigene Sicherheitszentren, in denen Fremdfirmenmitarbeiter vor Arbeitsantritt eine Sicherheitsschulung durchlaufen und einen Sicherheitspass erhalten, der für eine gewisse Zeit Gültigkeit hat. Diese Praxis stellt sicher, dass jeder Fremdarbeiter die wichtigsten Regeln kennt und dokumentiert schult ist. – Parallel zur Sicherheitsunterweisung muss eine fachliche Einweisung in den konkreten Arbeitsbereich stattfinden. Die verantwortliche Person des Auftraggebers (z.B. der Anlagenbetreiber oder Bauleiter) erläutert der Fremdfirmen-Führungskraft die lokalen Risiken und Besonderheiten: vorhandene Gefährdungsquellen, Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung, erforderliche Schutzmaßnahmen, zu nutzende Schutzeinrichtungen, Abschalt- und Freigabeprozeduren (Lockout-Tagout), Verhaltensregeln bei Alarm etc. Diese Unterweisung wird im Betriebsbuch oder mittels Formular dokumentiert und von beiden Seiten gegengezeichnet. Zusätzlich sollte der Auftraggeber seine eigene Belegschaft informieren, dass und wo Fremdfirmen tätig werden, um auch hier Gefährdungen (z.B. durch Unkenntnis der Fremden) zu reduzieren. Ein oft genutztes Instrument ist die gemeinsame Begehung vor Arbeitsbeginn: Auftraggeber und Fremdfirmen-Verantwortliche gehen den Arbeitsort ab, prüfen die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (z.B. Absperrungen, Erdung, Absicherungen) und stimmen Abläufe ab. Insgesamt schafft dieser Schritt die Voraussetzung, dass alle Beteiligten mit denselben Informationen und Erwartungen starten.

  • Arbeitsausführung und laufende Überwachung: In der Phase der Leistungserbringung selbst müssen kontinuierliche Kontrollen stattfinden. Der Auftraggeber darf sich nicht zurücklehnen, sondern sollte regelmäßig verifizieren, ob alle Vereinbarungen und Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich eingehalten werden. Dies kann auf mehrere Weisen geschehen: Die koordinierende Person des Auftraggebers führt regelmäßige Baustellenbegehungen durch, bei denen sie prüft, ob die Fremdkräfte die PSA tragen, ob Arbeitsgenehmigungen (z.B. für Heißarbeiten oder Behälterarbeiten) vorliegen und beachtet werden, ob Absperrungen und Warnschilder korrekt platziert sind, ob Ordnung und Sauberkeit gewahrt sind etc. Festgestellte Mängel sind sofort anzusprechen und zu dokumentieren. Parallel sollte die Fremdfirma verpflichtet sein – vertraglich und per Weisung –, Unregelmäßigkeiten und Zwischenfälle unverzüglich zu melden. Das beinhaltet Arbeitsunfälle, Beinahe-Unfälle (Beinahe-Zwischenfälle, „near misses“), Sachschäden, aber auch Beeinträchtigungen des Arbeitsablaufs oder Abweichungen vom Plan. Eine gute Praxis ist es, tägliche Koordinationsmeetings abzuhalten (z.B. ein kurzes Sicherheitsgespräch zu Schichtbeginn zwischen Auftraggeber-Verantwortlichem und Fremdfirmen-Vorarbeiter), um den Status zu besprechen. Bei längeren Projekten installieren manche Unternehmen ein Fremdfirmen-Kennzahlensystem während der Laufzeit: z.B. wöchentliche Erfassung von Arbeitsstunden und meldepflichtigen Ereignissen, um die Unfallquote hochzurechnen. Die laufende Überwachung schließt auch Einhaltung arbeitsrechtlicher Regeln ein – etwa kann stichprobenhaft geprüft werden, ob die zulässigen Arbeitszeiten nicht überschritten werden (Fremdfirmenmitarbeiter neigen in Projekten zu Überstunden; hier muss der Auftraggeber ggf. eingreifen, um Arbeitszeitgesetze und Unfallrisiken bei Übermüdung zu berücksichtigen). Bei Verstößen oder Gefahr im Verzug hat der Auftraggeber durch den Koordinator das Recht und die Pflicht einzugreifen – sei es durch Unterbrechung der Arbeit, Entfernen einer Person von der Baustelle oder Anordnung zusätzlicher Maßnahmen. Diese Autorität sollte sparsam, aber konsequent genutzt werden, um eine klare Botschaft zu senden, dass Sicherheit absoluten Vorrang hat. So wird zugleich die Sicherheitskultur geprägt: Fremdfirmenmitarbeiter merken, dass der Auftraggeber genau hinschaut und hohen Wert auf Regelkonformität legt. Studien zeigen, dass enge Partnerschaft und häufiger Kontakt die Sicherheitsperformance verbessern – d.h. der Auftraggeber sollte präsent sein und Feedback geben (Lob bei gutem Verhalten, Kritik bei Verstößen). Falls besondere Gefahren vorliegen (siehe oben), muss zudem eine aufsichtführende Person permanent anwesend sein, die die Einhaltung der Schutzmaßnahmen überwacht. Dies könnte z.B. ein Sicherheitsbeauftragter der Fremdfirma oder ein Vertreter des Auftraggebers sein, der nur diese Aufgabe hat.
    Während der Ausführung ist auch sicherzustellen, dass sich Änderungen nicht unkontrolliert einschleichen. Sollte der Auftragsumfang modifiziert werden oder zusätzliche Arbeiten nötig werden, ist ein Management of Change geboten: neue Gefährdungsbeurteilung, gegebenenfalls neue Freigaben und Unterweisungen. Alle Beteiligten müssen über Änderungen informiert werden (z.B. geänderter Arbeitsort, neuer Stoff im Einsatz etc.). Die Dokumentation sollte fortlaufend geführt werden: Checklisten von Begehungen, Unterweisungsnachweise, Arbeitsfreigaben, Stundenzettel, Meldungen von Beinahe-Unfällen usw. – all dies wird idealerweise in einem zentralen Fremdfirmen-Portal oder Ordner revisionssicher gesammelt. Moderne digitale Fremdfirmenportale ermöglichen es, solche Daten in Echtzeit zu erfassen und allen Berechtigten zugänglich zu machen, was die Transparenz erhöht.

  • Nachkontrolle und Abschlussbewertung: Ist der Auftrag beendet, sollte der Prozess keinesfalls einfach enden, ohne die Leistungen der Fremdfirma auszuwerten. Vielmehr ist eine formalisierte Abschlussbewertung durchzuführen. In einem Abschlussgespräch (bei größeren Projekten mit der Firmenleitung der Fremdfirma) werden Qualität und Termineinhaltung diskutiert, vor allem aber auch die Arbeitsschutz- und Compliance-Aspekte: Wurden alle Vorschriften eingehalten? Gab es Unfälle oder Beinahe-Unfälle? Wie war die Zusammenarbeit und Kommunikation? Falls Mängel oder Vorfälle auftraten, werden Ursachen analysiert und Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet. Beispielsweise: Wenn ein Beinahe-Unfall wegen unzureichender Absperrung stattfand, muss die Fremdfirma darlegen, wie sie dies künftig verhindern will, und der Auftraggeber passt ggf. seine Vorgaben an. Solche Lernberichte schaffen Transparenz und helfen, Fehler nicht zu wiederholen – idealerweise werden sie nicht nur intern, sondern auch mit der Fremdfirma geteilt, um deren Sicherheitssystem zu verbessern. Ein „Lessons Learned“-Bericht, der allen beteiligten Mitarbeitern (sowohl der Fremdfirma als auch dem eigenen Personal) zugänglich gemacht wird, kann dazu beitragen, eine gemeinsame Sicherheitskultur zu fördern.
    Basierend auf allen gesammelten Informationen erstellt der Auftraggeber eine Fremdfirmenbewertung: Positiv aufgefallen sind z.B. gute Sicherheitsorganisation, proaktive Meldung von Gefahren, sauberes Arbeiten; negativ etwa Verstöße, Verzögerungen, Kommunikationsprobleme. Diese Bewertung sollte objektiv und möglichst quantifiziert erfolgen (etwa mittels eines Bewertungsbogens mit Scoring-System). Unternehmen mit vielen Auftragnehmern führen solch ein Rating der Fremdfirmen und pflegen Positiv- oder Negativlisten. Eine Firma, die mehrfach negativ auffällt, wird gegebenenfalls für zukünftige Aufträge gesperrt oder nur unter Auflagen wieder eingeladen. Umgekehrt kann eine sehr gute Fremdfirma bevorzugt wieder beauftragt werden. Manchmal werden auch Prämien oder Auszeichnungen vergeben (etwa ein jährlicher Safety Award für die unfallfreieste Fremdfirma), was einen Anreiz zur kontinuierlichen Verbesserung bietet. Wichtig ist, dass die Ergebnisse der Bewertung intern kommuniziert werden (an Einkauf, Projektleiter etc.), damit sie bei künftigen Vergaben berücksichtigt werden – dies schließt den Regelkreis des Fremdfirmenmanagements. Die Abschlussphase dient zugleich der Dokumentationserfüllung gegenüber Aufsichtsbehörden oder Auditoren: Alle relevanten Unterlagen sollten abgelegt und aufbewahrt werden, um z.B. bei einem späteren Audit (etwa ISO-Zertifizierung oder durch das Gewerbeaufsichtsamt) die Einhaltung der Pflichten belegen zu können.

  • Kontinuierliche Verbesserung: Ein regelmäßiger Audit- und Überwachungsprozess endet nicht mit der Einmalbewertung. Vielmehr sollte auf Basis der gemachten Erfahrungen das System selbst optimiert werden. Identifizierte systematische Schwachstellen – z.B. unklare Kommunikationswege, unzureichende Schulungsunterlagen, lückenhafte Vertragsklauseln – müssen angegangen werden. Hier greift der PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act): Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz. Führungskräfte sollten sich fragen: Wurden die Risiken korrekt eingeschätzt? Waren die Kontrollen ausreichend? Gab es unerwartete Probleme? Gegebenenfalls werden daraufhin die Prozesse angepasst: zum Beispiel wird der Unterweisungsablauf verbessert oder man entscheidet, künftig strengere Auswahlkriterien anzulegen. Auch externe Änderungen (neue Gesetzesauflagen, neue technische Regeln) müssen ins System eingespeist werden. Es empfiehlt sich, periodisch – etwa jährlich – das gesamte Fremdfirmenmanagement-Konzept zu auditieren, ggf. mit Unterstützung der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder externer Auditoren (z.B. von der BG oder TÜV). Dadurch bleibt der Prozess lebendig und wirksam.

Zentral für die Wirksamkeit all dieser Schritte ist eine eindeutige Zuweisung von Verantwortlichkeiten und eine gute Koordination interner Stellen. Fremdfirmenmanagement ist interdisziplinär: typischerweise wirken der Einkauf (Vergabe, Vertragswesen), die Fachabteilung (technische Betreuung), die HSE-Abteilung (Health, Safety, Environment für die Sicherheitsaspekte) und die Rechtsabteilung zusammen. Manche Unternehmen haben dedizierte Fremdfirmen-Manager oder Koordinatorenstellen etabliert, die als Schnittstelle fungieren. Diese Stelle pflegt z.B. auch die zentrale Datenbank aller Fremdfirmen (inkl. Qualifikationen, Unfallstatistiken, Auditberichten) und erinnert an Wiederholungsaudits. Ein solches zentrales Auftragnehmerportal vereinigt alle relevanten Informationen an einem Ort und kann dafür sorgen, dass Daten aktuell gehalten werden. Wichtig ist festzulegen, wer die Audits durchführt (z.B. HSE-Manager und ein Vertreter der betrieblichen Einheit im Team), wie oft (häufigkeitsbasiert nach Risikoklasse oder kalenderbasiert, mindestens jährlich) und nach welchen Kriterien (Checklisten, Normvorgaben). Nur mit Standardisierung ist gewährleistet, dass die Ergebnisse vergleichbar und belastbar sind.

Es lässt sich betonen, dass ein gut implementierter Audit- und Überwachungsprozess nicht als Kontrollinstrument im negativen Sinne verstanden werden sollte, sondern als Werkzeug zur Partnerschaftspflege und gemeinsamen Verbesserung. Fremdfirmenmanagement ist dann erfolgreich, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer eine offene Kommunikation pflegen, voneinander lernen und das gemeinsame Ziel „Unfallfrei und regelkonform arbeiten“ verfolgen. Die sieben Punkte von Quentic (2020) fassen treffend zusammen, was Unternehmen beachten sollten: Klare Kommunikation, zentrale Datenerfassung, sorgfältige Auswahl, Dokumentation von Sicherheitsleistungen, ganzheitliche Prozessverknüpfung, Nutzung führender Indikatoren (proaktive Kennzahlen) und Pflege der Beziehung zum Dienstleister. Diese Prinzipien spiegeln sich in dem oben beschriebenen Prozess wider. Im nächsten Kapitel werden mögliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung sowie erprobte Lösungsansätze erörtert.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Die Einführung und Aufrechterhaltung eines regelmäßigen Audit- und Überwachungsprozesses für Fremdfirmen ist anspruchsvoll. In der Praxis treten diverse Herausforderungen auf – organisatorischer, rechtlicher und kultureller Natur.

Im Folgenden werden die wichtigsten Problemfelder beleuchtet und Lösungsansätze aufgezeigt, wie Unternehmen damit umgehen können:

  • Komplexität des Rechtsrahmens: Wie Kapitel 2 gezeigt hat, muss ein Fremdfirmen-Audit zahlreiche Rechtsbereiche abdecken – vom Arbeitsschutz über Arbeitszeit bis Datenschutz. Für viele Betriebe, insbesondere mittelständische, ist es eine Herausforderung, stets den aktuellen Überblick über alle Pflichten zu behalten. Lösungsansatz: Aufbau von Compliance-Kompetenz im Unternehmen. Dies kann bedeuten, einen verantwortlichen Fremdfirmenkoordinator zu benennen, der speziell geschult ist und regelmäßige Fortbildungen zu den relevanten Vorschriften besucht. Große Unternehmen richten bereichsübergreifende Arbeitskreise ein (HSE, Recht, Einkauf), um gemeinsam Checklisten und Leitfäden zu erarbeiten, die alle gesetzlichen Anforderungen bündeln. Beispielsweise kann ein Compliance-Lastenheft für Fremdfirmen erstellt werden, das als Referenz für Audits dient. Der VCI-Leitfaden oder DGUV-Informationsschriften können dabei als Grundlage genutzt werden, um nichts Wesentliches zu übersehen. Zudem empfehlen Experten, bei Unsicherheiten externe Fachleute hinzuzuziehen – etwa Audits zusammen mit der Berufsgenossenschaft durchzuführen (BG RCI bietet z.B. einen kostenfreien Auditservice für Arbeitsschutzmanagement “Sicher mit System” an, der auch Fremdfirmenprozesse prüft). Durch diesen Schulterschluss mit Fachstellen kann die Regelkonformität extern bestätigt und verbessert werden.

  • Akzeptanz und Kooperation der Fremdfirmen: Ein häufig genanntes Problem ist, dass manche Fremdfirmen die zusätzlichen Audits und Anforderungen als bürokratische Last empfinden. Insbesondere kleinere Handwerksbetriebe fühlen sich bisweilen überfordert von der Dokumentationspflicht oder den strengen Sicherheitsregeln des Großkunden. Lösungsansatz: Partnerschaftlicher Einbezug der Fremdfirmen in den Prozess. Es hat sich bewährt, bereits vor Auftragserteilung klar zu kommunizieren, welche Erwartungen im Bereich Sicherheit und Compliance bestehen. Seriöse Auftragnehmer schätzen diese Transparenz. Der Auftraggeber kann Hilfestellungen geben, z.B. Musterformulare bereitstellen (etwa ein Standard-Gefährdungsbeurteilungsschema) oder Schulungen für Fremdfirmen anbieten. Einige Unternehmen organisieren jährliche Sicherheits-Workshops mit ihren Hauptkontraktoren, um Best Practices auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. So wird Vertrauen aufgebaut. Wichtig ist auch ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe: Fremdfirmen sind Experten auf ihrem Gebiet und dürfen nicht nur als Risiko, sondern sollen als Partner gesehen werden. Wenn ein Auditor Mängel feststellt, sollte er nicht im Ton eines Inspektors auftreten, sondern gemeinsam mit dem Fremdfirmen-Vertreter überlegen, wie es besser geht. Diese “Coaching”-Haltung fördert die Akzeptanz deutlich. Letztlich zeigt die Erfahrung: Eine enge Kooperation zahlt sich aus – Fremdfirmen, die sich wertgeschätzt fühlen, sind eher bereit, in Sicherheitsmaßnahmen zu investieren und aktiv an Verbesserungen mitzuwirken.

  • Ressourcenaufwand und Effizienz: Die Etablierung eines Auditprogramms ist mit personellem und finanziellem Aufwand verbunden. Regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen, Schulungen, Auswertungen – all das kostet Zeit. Für Unternehmen mit sehr vielen Fremdfirmen (etwa auf Großbaustellen oder in Chemieparks) kann die Koordination Dutzender Firmen parallel äußerst aufwändig sein. Lösungsansatz: Risikobasierte Priorisierung und Digitalisierung. Nicht jeder Auftrag erfordert den gleichen Auditumfang. Eine sinnvolle Strategie ist es, Fremdfirmen nach Risikoklassen einzuteilen: z.B. Kategorie A (hohes Risiko: Arbeiten in Gefahrenbereichen, sicherheitskritische Tätigkeiten), B (mittleres Risiko) und C (geringes Risiko: z.B. reine Bürodienstleistungen). Kategorie A-Firmen werden engmaschig auditiert (vielleicht vor jedem Einsatz und monatlich bei Dauerpräsenz), Kategorie C nur einfach qualifiziert und bei Bedarf stichprobenartig kontrolliert. So konzentriert man Ressourcen dort, wo sie den größten Nutzen bringen. Zudem lässt sich durch digitale Tools der Aufwand reduzieren: Ein Fremdfirmen-Management-Software oder Portal kann viele Prozesse automatisieren – von der Dokumentenverwaltung (Auditprotokolle, Zertifikate) bis zur Terminerinnerung für Folgeaudits. Einige Unternehmen nutzen auch mobile Apps für die Vor-Ort-Checklisten, was die Datenerfassung beschleunigt und Doppelarbeit vermeidet. Des Weiteren kann die Einbindung der Fremdfirmen in solche Systeme (z.B. durch Self-Service-Module, wo sie ihre Nachweise hochladen) den administrativen Aufwand für den Auftraggeber verringern. Insgesamt gilt: ein strukturierter Prozess ersetzt zwar nicht den personellen Aufwand (denn Inspektionen müssen Menschen durchführen), aber er macht ihn planbar und effizienter. Dadurch amortisieren sich die Investitionen meist durch weniger Unfälle und Störungen.

  • Uneinheitliche Sicherheitskultur und Sprachbarrieren: Fremdfirmen bringen ihre eigene Unternehmenskultur mit – diese passt nicht immer nahtlos zur Sicherheitskultur des Auftraggebers. Beispielsweise sind internationale Firmen vor Ort, deren Mitarbeiter die deutsche Sprache nicht beherrschen oder mit deutschen Regeln unvertraut sind. Lösungsansatz: Kulturelle Integration und Schulung. Zunächst sollten alle sicherheitsrelevanten Informationen mehrsprachig verfügbar sein (mindestens in Englisch, ggf. in weiteren Sprachen je nach häufigen Nationalitäten). Piktogramme und leicht verständliche Visualisierungen helfen ebenfalls. Falls notwendig, sollte ein Übersetzer bei sicherheitskritischen Einweisungen hinzugezogen werden – oder man schult einen zweisprachigen Mitarbeiter der Fremdfirma als Multiplikator. Um die Kulturunterschiede zu überbrücken, ist persönlicher Kontakt wichtig: Der Fremdfirmenkoordinator sollte sich Zeit nehmen, die Bedeutung der Sicherheitsregeln zu erklären und die Einstellung der Fremdfirmen-Mitarbeiter zu erfahren. Mit Verhaltensbasierter Arbeitssicherheit (Behavior-Based Safety, BBS) lassen sich zudem alle Personen – ob intern oder extern – für sicheres Verhalten sensibilisieren, indem man beobachtete unsichere Handlungen anspricht und sicherheitsgerechtes Verhalten positiv verstärkt. Einige Betriebe mischen Teams bewusst (ein interner erfahrener Mitarbeiter arbeitet zeitweise mit Fremdfirmenleuten zusammen), damit ein Know-how-Transfer und Gewöhnung an die Sicherheitskultur stattfinden. Außerdem empfehlen Fachleute, Fremdpersonal in interne Sicherheitstrainings einzubeziehen, wo immer machbar, um ein „Wir-Gefühl“ in puncto Sicherheit zu erzeugen. So wird die Bringschuld der Fremdfirma (eigene Leute sicher verhalten lassen) durch eine Holschuld des Standorts ergänzt: Man holt die Fremden aktiv in die eigene Präventionskultur rein.

  • Vermeidung von Scheinselbstständigkeit und Überschreitung von Befugnissen: Ein heikles Spannungsfeld ist, einerseits die Fremdfirma eng zu überwachen, andererseits die Grenze zur unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung nicht zu überschreiten. Wenn der Auftraggeber-Auditor zu detailliert in die Arbeit hineinredet („Machen Sie dies jetzt so und so“), besteht die Gefahr, dass de facto eine Weisung im fachlichen Sinne erteilt wird. Lösungsansatz: Klare Abgrenzung der Rollen und Schulung der eigenen Führungskräfte. Der Unterschied zwischen einer Sicherheitsanweisung (zulässig) und einer Arbeitsanweisung (kritisch) muss allen internen Beteiligten bewusst sein. In internen Schulungen sollte vermittelt werden, dass z.B. der Koordinator keine direkte Arbeitsanweisung zur Ausführung der Tätigkeit gibt (etwa Schweißnaht technisch bewerten), sondern nur Rahmenbedingungen festlegt (Arbeitsbereich absperren, Lüftung einschalten etc.). Im Zweifel ist immer die verantwortliche Person der Fremdfirma anzuweisen, nicht der einzelne Mitarbeiter – so bleibt die Hierarchie gewahrt. Verträge sollten einen Passus enthalten, der klarstellt, dass das Hausrecht und Weisungsrecht des Auftraggebers sich ausschließlich auf Sicherheits- und Ordnungsregeln beziehen. Durch Rotation von Fremdfirmen (nicht über Jahre dieselben Personen an gleicher Stelle einsetzen) kann ebenfalls dem Eindruck entgegengewirkt werden, es handle sich um eingegliederte Beschäftigte. Letztlich reduziert ein professioneller, dokumentierter Auditprozess das Risiko von Rechtsstreitigkeiten: Wenn nachweislich die Fremdfirma eigenverantwortlich handelt und der Auftraggeber nur seinen Kontrollpflichten nachkommt (z.B. festgestellte Mängel protokolliert und Abhilfe verlangt), spricht dies gegen eine Scheinselbständigkeit. Notfalls sollte rechtlicher Rat eingeholt werden – etwa kann man Verträge von der Rechtsabteilung überprüfen lassen, ob sie eine saubere Leistungsbeschreibung ohne Weisungsverhältnis beinhalten.

  • Zahlreiche Subunternehmer und Intransparenz in der Kette: In manchen Branchen (z.B. Bau, Anlagenmontage) ist es üblich, dass Fremdfirmen ihrerseits wiederum Subunternehmen beauftragen. Dadurch entsteht eine mehrstufige Kette, die für den ursprünglichen Auftraggeber schwer überschaubar ist. Die Kontrolle wird umso schwieriger, je weiter entfernt (vertraglich) die letztlich vor Ort tätigen Personen sind. Lösungsansatz: Kaskadierende Anforderungen und Begrenzung der Tiefe. Der Auftraggeber sollte bereits im Hauptvertrag festlegen, ob Subunternehmen erlaubt sind und bis zu welcher Tiefe (z.B. maximal 1 Nachunternehmerstufe). Außerdem muss er verlangen, dass jeder Subunternehmer die gleichen Qualifikationsnachweise erbringt und den gleichen Regeln unterstellt wird. Praktisch muss die Fremdfirma ihre Subunternehmen dem Auftraggeber melden und deren Unterweisungen mit organisieren. In Hochrisikobereichen wird oft gänzlich untersagt, weitere Subunternehmer einzusetzen, um die Kontrolle zu behalten. Digitale Portale können helfen, die Kette transparent zu machen, indem jeder Mitarbeiter, der aufs Gelände will, vorab registriert und freigeschaltet sein muss – so sieht man, zu welcher Firma er gehört und ob diese zugelassen ist. Zusammen mit der Nachunternehmerhaftung (MiLoG, AEntG) entsteht auch ein finanzieller Druck auf den Hauptauftragnehmer, seine Subs sauber auszuwählen und zu überwachen. Im Zweifel sollte der Auftraggeber ein Audit auch beim Subunternehmer durchführen oder durchführen lassen (z.B. durch den Hauptauftragnehmer, aber nach vorgegebenen Kriterien).

  • Daten- und Geheimnisschutz: In manchen Projekten haben Fremdfirmen Zugang zu sensiblen Produktionsverfahren oder Geschäftsgeheimnissen. Hier besteht die Herausforderung, im Audit genau hinzuschauen, ohne zu viel preiszugeben. Lösungsansatz: Need-to-know und Vertragsstrafen. Das Prinzip der Datensparsamkeit sollte gelten: Fremdfirmen erhalten nur die Informationen, die sie für sichere Ausführung brauchen, nicht mehr. Gleichzeitig ist über NDAs und ggf. Vertragsstrafklauseln sicherzustellen, dass etwaige Verstöße gegen die Verschwiegenheit Konsequenzen haben. Bei Audits sollte man die Dokumentation so gestalten, dass keine geheimen Details festgehalten werden, die später in fremde Hände gelangen könnten. Im Zweifel können besonders vertrauliche Auditergebnisse intern getrennt behandelt werden. Insgesamt muss ein Gleichgewicht gefunden werden zwischen Offenheit (für Sicherheit) und Geheimnisschutz. Hier hilft es, die Fremdfirmen zu vertrauenswürdigen Partnern zu entwickeln – Firmen, die sich bewährt haben, bekommen tendenziell mehr Einblick, während neue erst langsam an heikle Bereiche herangeführt werden.

  • Änderungen der Rahmenbedingungen: Gesetze, Normen und auch Unternehmensstrukturen ändern sich. Eine Herausforderung ist, den Fremdfirmen-Auditprozess dynamisch anzupassen. Beispielsweise bringt das Lieferkettengesetz neue Prüfpflichten in Bezug auf Menschenrechte, oder eine Pandemie-Situation erfordert plötzlich Hygienekonzepte auch für Fremdfirmen. Lösungsansatz: Flexibles Managementsystem mit regelmäßigen Updates. Verantwortliche sollten mindestens einmal jährlich (besser halbjährlich) Review-Meetings abhalten, um externe Veränderungen zu evaluieren. Bei neuen gesetzlichen Anforderungen – etwa DSGVO 2018 oder LkSG 2023 – müssen sofort die Verträge und Checklisten angepasst werden. Hier zahlt es sich aus, wenn Fremdfirmenmanagement Teil eines zertifizierten Managementsystems (ISO 9001/45001) ist, denn dann gibt es fest etablierte Prozesse für die Aktualisierung von Dokumenten und Schulungen. Unternehmen, die proaktiv agieren, informieren frühzeitig alle Fremdfirmen über geänderte Erwartungen (z.B. zusätzliche Fragebögen zum Thema Menschenrechte) und passen die Verträge an. Agilität ist hier gefragt: der Auditplan sollte gewisse Reserven oder Puffer haben, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können (z.B. spontane Extra-Audits, wenn neue Risiken auftreten).

Zusammengefasst lassen sich Herausforderungen im Fremdfirmen-Audit durch vorausschauende Planung, klare Kommunikation und eine konstruktive Fehlerkultur bewältigen. Wichtig ist, dass das Management voll hinter dem Prozess steht und ihn als strategisch notwendig erachtet – nur dann werden ausreichend Ressourcen bereitgestellt und die notwendige Priorität eingeräumt. Best Practices aus verschiedenen Branchen zeigen, dass Hindernisse wie Akzeptanzprobleme oder hoher Aufwand durch moderne Ansätze gemildert werden können. So berichtet ein internationales Chemieunternehmen, dass es mit einem Lernberichtssystem und transparentem Sicherheitsmonitoring seine Unfallrate unter Fremdfirmen drastisch senken konnte. Herausforderungen sollten daher als kontinuierlicher Verbesserungsanreiz gesehen werden – jedes Audit liefert Erkenntnisse, wie der Prozess noch effektiver gestaltet werden kann. Im nächsten Abschnitt werden konkrete Fallbeispiele vorgestellt, die verdeutlichen, wie Unternehmen mit komplexen Fremdfirmenstrukturen ihr Audit- und Überwachungssystem umgesetzt haben.

Fallbeispiele aus der Industrie

Um die zuvor beschriebenen Konzepte greifbar zu machen, werden im Folgenden Fallbeispiele aus der Praxis geschildert. Diese Beispiele stammen aus unterschiedlichen Industriezweigen – darunter die chemische Industrie, der Energiesektor sowie Großprojekte – und demonstrieren, wie Unternehmen mit umfangreichen Fremdfirmenstrukturen erfolgreiche Audit- und Überwachungsprozesse etablieren. Dabei werden sowohl positive Ergebnisse als auch Lernpunkte beleuchtet.

Fallbeispiel 1: Chemiepark – Integriertes Fremdfirmenmanagement im Schichtbetrieb

In einem großen Chemiepark in Nordrhein-Westfalen (über 50 Unternehmen vor Ort) sind täglich Hunderte Fremdfirmenbeschäftigte im Einsatz – von Instandhaltungsfirmen über Reinigungsdienste bis zu Bauunternehmen. Die Betreibergesellschaft des Parks hat ein zentral koordiniertes Fremdfirmenmanagement-System eingeführt, das als vorbildlich gilt. Kernelemente: Jeder Fremdfirmenmitarbeiter muss vor dem ersten Einsatz im Park das Sicherheitstraining Chemie absolvieren – eine standardisierte Schulung, die gemeinsam vom Verband Chemie und der BG entwickelt wurde. Nach erfolgreichem Test erhält er einen Sicherheitspass, der ihn für 1 Jahr zum Arbeiten im Park berechtigt. Die Schulung deckt alle wesentlichen Gefahren (Chemikalien, Explosionsschutz, Verhalten bei Alarm) ab und sorgt für ein einheitliches Wissensniveau. Zusätzlich führen die ansässigen Unternehmen bereichsspezifische Unterweisungen durch. Der Chemiepark hat ferner ein digitales Zugangsportal: Jede Fremdfirma muss vor Arbeitsbeginn ihre Mitarbeiter online anmelden und diverse Dokumente hochladen (z.B. Nachweis SCC-Zertifikat, Bestätigung der Unterweisung, gültige Arbeitsmedizinische Vorsorge für Lärm oder Atemschutz falls nötig). Ohne vollständige Dokumentation gibt es keinen Zugangsausweis. Dieses System zwingt alle Beteiligten zu hoher Disziplin in der Vorbereitung. Während der Arbeiten sind Sicherheitsbeauftragte des Chemieparks unterwegs, die stichprobenartig Arbeitsplätze kontrollieren – sie agieren quasi als unabhängige Auditoren neben den projektverantwortlichen Ingenieuren. Auffälligkeiten (etwa fehlende PSA oder unsachgemäß abgestellte Chemikalien) werden sofort angesprochen; schwere Verstöße führen zu temporärem Arbeitsstop und einer Sperrung der betreffenden Person bis zur Klärung. Durch diese klaren Konsequenzen hat sich über die Jahre ein Klima etabliert, in dem Fremdfirmen sehr umsichtig agieren. Das Ergebnis: Die gemeldete Unfallhäufigkeit bei Fremdfirmen im Park konnte kontinuierlich gesenkt werden und liegt inzwischen nahe am Niveau der eigenen Belegschaft (LTIF < 1, d.h. < 1 Unfall mit Ausfall pro Million Arbeitsstunden). Dieses Beispiel illustriert, dass konsequente Schulung, Zugangskontrolle und Präsenz von Auditoren einen Hochrisiko-Arbeitsplatz beherrschbar machen. Erfolgsfaktor war hier vor allem die brancheweite Kooperation: Alle Firmen im Park haben sich auf gemeinsame Standards verständigt, unterstützt von VCI und BG-Regeln, so dass Fremdfirmen nicht mit widersprüchlichen Anforderungen kämpfen, sondern ein harmonisiertes System vorfinden.

Fallbeispiel 2: Energieversorger – Fremdfirmen-Audits in Kraftwerken

Ein großer Energieversorger mit mehreren Kraftwerksstandorten in Deutschland hat seit den 2010er Jahren ein umfangreiches Fremdfirmen-Auditprogramm etabliert. Anlass waren einige Beinahe-Unfälle bei Wartungsstillständen, als viele temporäre Arbeiter gleichzeitig im Einsatz waren. Das Unternehmen führte daraufhin die Rolle des „Fremdfirmen-Coaches“ ein: Erfahrene Sicherheitsingenieure wurden abgestellt, um sich jeweils um einen Pool von Fremdfirmen zu kümmern. Diese Coaches besuchen die Dienstleister auch außerhalb der Projekte, z.B. in deren eigenen Werkstätten, um sich ein Bild von der allgemeinen Sicherheitskultur zu machen. Vor einem großen Anlagenstillstand (Revision) werden alle beteiligten Fremdfirmen zu einem Sicherheitstag eingeladen. Dort werden die Gefahren des bevorstehenden Projekts erläutert und in Workshops gemeinsam Lösungen erarbeitet (z.B. wie Engpässe vermieden werden, damit nicht aus Zeitdruck Regeln missachtet werden). Während der Revision selbst richten die Kraftwerke eine temporäre Sicherheitsleitstelle ein: Alle Zwischenfälle oder Unsicherheiten können rund um die Uhr dorthin gemeldet werden (auch anonym). Die Leitstelle koordiniert dann Sofortmaßnahmen und dokumentiert jedes Ereignis. Nach Projektende erhalten alle Fremdfirmen einen ausführlichen Feedback-Bericht mit ihrer Sicherheitsperformance, einschließlich Benchmarking: ihre Unfallquote, Anzahl der Verstöße etc. im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Firmen. Dieses „Ranking“ wird vertraulich behandelt, hat aber psychologischen Effekt – keiner möchte Schlusslicht sein. Die besten Fremdfirmen werden jährlich öffentlich vom Vorstand ausgezeichnet, was ihnen auch reputativ hilft. Durch diese transparente Auswertung und die kontinuierliche Betreuung konnten deutliche Verbesserungen erzielt werden. Eine Fremdfirma, die anfangs durch viele Beanstandungen auffiel, erhielt z.B. Hilfe vom Fremdfirmen-Coach bei der Einführung eines eigenen Arbeitsschutzmanagements und konnte schon im nächsten Projekt nahezu fehlerfrei arbeiten. Gleichzeitig hat der Energieversorger festgestellt, dass er auch intern lernen musste: Manche Probleme lagen in der eigenen Organisation (etwa unklare Anweisungen oder Zeitdruck durch schlechtes Planung). Durch die systematischen Reviews mit den Auftragnehmern wurden diese Punkte sichtbar und abgestellt. Das Beispiel zeigt, dass Fremdfirmen-Audits keine Einbahnstraße sind, sondern bei richtigem Einsatz zu beiderseitigen Verbesserungen führen können – und letztlich zu einer sichereren, effizienteren Abwicklung von Großprojekten beitragen.

Fallbeispiel 3: Infrastruktur-Großprojekt – Umsetzung der Baustellenverordnung

Bei dem Neubau einer ICE-Bahnstrecke in Süddeutschland waren zeitweise über 100 Unternehmen auf verschiedenen Losabschnitten tätig. Hier griff speziell die Baustellenverordnung (BaustellV): Ein SiGe-Koordinator (Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator) wurde vom Bauherrn bestellt, um alle Gewerke zu koordinieren. Dieser Koordinator – ein externer Dienstleister – erstellte bereits in der Planungsphase einen SiGe-Plan, in dem für jeden Bauabschnitt die Gefährdungen bewertet und übergreifende Schutzmaßnahmen festgelegt wurden. Während der Bauausführung führte er wöchentliche Sicherheitsrunden mit den Polieren und Bauleitern aller Firmen durch. Dabei wurden Unfälle der Woche (es gab glücklicherweise nur wenige leichte Verletzungen) analysiert und gemeinsame Beschlüsse gefasst, z.B. die Wegeführung für LKW zu ändern, damit keine Kreuzung mit Fußgängerverkehr der Arbeiter erfolgt. Zusätzlich hat der SiGe-Koordinator ein System von farbigen Armbändern eingeführt, um zu kontrollieren, dass nur eingewiesene Personen bestimmte Zonen betreten (z.B. grün für Tunnelarbeit, gelb für Gleisbereiche etc., jeweils erst nach Spezialunterweisung ausgegeben). Die Einhaltung dieser Zugangsregeln wurde durch Security-Mitarbeiter und den Koordinator stichprobenhaft überprüft. Ein interessantes Detail: Bei diesem Projekt wurde ein Beinaheunfall-Meldekasten aufgestellt, in den alle Arbeiter anonym Zettel mit Beobachtungen einwerfen konnten. Das führte dazu, dass auch Fremdfirmenangehörige unsichere Situationen meldeten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Die Auswertung dieser Hinweise – etwa ein fehlender Funkenfang an einem Schweißplatz nahe Waldgebiet – erlaubte proaktive Maßnahmen. Insgesamt hat das Projektteam die Vorgaben der BaustellV mustergültig umgesetzt und sogar erweitert. Das Resultat war eine Unfallquote deutlich unter dem Branchendurchschnitt im Baugewerbe. Dieses Fallbeispiel unterstreicht, wie wichtig ein zentraler Koordinator ist, der unabhängig von einzelnen Firmen das Gesamtbild im Auge behält und für reibungslose Kommunikation sorgt. Es zeigt auch, dass innovative Ideen (Armbandkontrolle, Meldekasten) dazu beitragen können, die Compliance und Sicherheitsbeteiligung aller zu erhöhen.

Fallbeispiel 4: Maschinenbau-Konzern – Lieferantenentwicklung und Qualitätssicherung

Ein deutscher Maschinenbau-Konzern, der viele Montage- und Servicearbeiten an Fremdfirmen vergibt, fokussiert neben dem Arbeitsschutz auch stark auf Qualitäts- und Datenschutzaspekte bei seinen Audits. In einem dokumentierten Fall kam es zu Problemen mit einem IT-Dienstleister, der Wartung an Produktionsanlagen-Software vornahm: Durch mangelnde Zugriffsbeschränkungen wurden sensible Produktionsdaten beinahe kompromittiert. Der Konzern hat daraufhin sein Auditprogramm um Datenschutz-Compliance-Checks erweitert. Jetzt muss jeder dienstleistende Auftragnehmer, der auch nur potenziell Zugang zu personenbezogenen oder vertraulichen Daten hat, vorab einen IT-Security- und Datenschutzfragebogen ausfüllen. Die IT-Abteilung prüft, ob z.B. ein ISO 27001-Zertifikat vorliegt oder welche Zugriffsberechtigungen eingerichtet werden. Zusätzlich enthält der Dienstleistungsvertrag nun eine Datenverarbeitungsvereinbarung nach DSGVO mit strengen Auflagen. In jährlich stattfindenden Audits vor Ort beim Dienstleister kontrolliert ein Team aus dem Qualitätsmanagement und IT-Sicherheit, ob die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt sind (etwa ob Notebooks der Techniker verschlüsselt sind, ob Logfiles der Zugriffe geführt werden etc.). Dieses Vorgehen hat die Datensicherheit erheblich verbessert; gleichzeitig wurde aber auch die Vertragsbeziehung gefestigt, weil beide Seiten ein besseres Verständnis für die Anforderungen entwickelten. – Auf der Qualitätsseite verfährt der Konzern ähnlich: Fremdfirmen, die an seinen Produkten mitarbeiten, werden als Teil der Lieferkette gesehen und regelmäßig Lieferantenaudits unterzogen, als wären sie klassische Zulieferer von Bauteilen. Dabei werden z.B. deren Kalibrierungszertifikate, Prozessdokumentationen und Qualifikation der Mitarbeiter geprüft. Wenn Mängel entdeckt werden, fordert der Konzern Abstellmaßnahmen ein und verfolgt deren Umsetzung nach (CAPA-Prozess: Corrective and Preventive Actions). Diese enge Einbindung hat dazu geführt, dass die Fehlerquote bei extern erbrachten Leistungen (Montagefehler, Nacharbeiten) deutlich sank. Außerdem fühlen sich die Fremdfirmen als verlängerter Arm der Qualitätssicherung, was dem Endprodukt zugutekommt. Das Beispiel zeigt, dass Fremdfirmen-Audits neben Sicherheit auch andere Compliance-Bereiche adressieren können – im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes, wie ihn ISO 9001 und ISO 27001 fordern. Durch Integration des Fremdfirmenmanagements ins Gesamtsystem (hier Quality und IT Security Management) wird gewährleistet, dass kein Aspekt übersehen wird und dass die externen Partner ebenso strengen Maßstäben genügen wie interne Abteilungen.

Diese Fallbeispiele demonstrieren, dass es verschiedene Wege gibt, ein Fremdfirmen-Audit- und Überwachungssystem erfolgreich zu gestalten. Gemeinsame Erfolgsfaktoren sind jedoch erkennbar: Klare Regeln und Transparenz, intensive Schulung und Einbindung der Fremdfirmen, laufende Kontrollen mit echter Konsequenz (sowohl positiver Anreiz als auch Sanktion), sowie eine Kultur der offenen Kommunikation über Sicherheits- und Qualitätsfragen. Die Chemieindustrie etwa betont, dass Verantwortlichkeiten und Pflichten klar definiert und ihre Umsetzung regelmäßig überprüft werden müssen – alle Beispiele bestätigen das. Unternehmen, die Fremdfirmen nicht als lästige Notwendigkeit, sondern als integralen Bestandteil ihrer Wertschöpfungskette sehen, erreichen die besten Ergebnisse. Ein großer Chemiekonzern formulierte es so: „Partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe und höchste Ansprüche an Sicherheit und Qualität zeichnen unser Kontraktorenmanagement aus.“. Dieses Motto fasst zusammen, worauf es ankommt: Partnerschaft und hohe Standards. Im nächsten Kapitel werden die Erkenntnisse zusammengefasst und es wird ein Ausblick gegeben, wie sich das Fremdfirmen-Auditwesen in Zukunft weiterentwickeln könnte.