Bergrechtliche Bestellung nach § 58 BBergG
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Bergrechtliche Bestellung nach § 58 BBergG im Fremdfirmenmanagement
Die von empfohlene Handhabung bergrechtlicher Bestellungen im Fremdfirmenmanagement folgt dem Grundsatz: So viel Verantwortung wie möglich auf den Auftragnehmer übertragen, so viel Kontrolle wie nötig beim Betreiber belassen. Durch die förmliche Bestellung einer verantwortlichen Person des Auftragnehmers gemäß § 58 BBergG und die umfassende Übertragung operativer Pflichten erreicht der Betreiber eine maximale Entlastung im Tagesgeschäft, ohne seine Rechtspflichten zu verletzen. Die VP AN übernimmt die Disposition des Fremdpersonals, die Unterweisung, Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsfreigabe in ihrem Bereich in eigener Regie, was zu effizienteren Abläufen führt. Gleichzeitig bleibt der Betreiber durch klare Strukturen und digitale Transparenz in der Lage, die Einhaltung der Sicherheitsstandards zu überwachen.
Wichtig für den Erfolg dieses Modells sind eine sorgfältige Personalauswahl, eine klare schriftliche Fixierung aller Zuständigkeiten und Befugnisse sowie die Unterstützung durch ein digitales Fremdfirmenportal, das die Umsetzung nachvollziehbar macht. Behörden und Berufsgenossenschaften akzeptieren eine solche Delegation ausdrücklich, sofern sie sachgerecht erfolgt und der Unternehmer seine Überwachungsverantwortung wahrnimmt. Im Ergebnis entsteht eine Win-Win-Situation: Der Betreiber wird organisatorisch entlastet und kann sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren, während der Auftragnehmer im Rahmen der übertragenen Pflichten eigenverantwortlich agieren kann. Durch die digitale Nachweisführung und bewährte Best Practices (wie z. B. Freigabeverfahren, Unterweisungsmanagement) wird das gesamte Fremdfirmenmanagement rechtssicher, wirtschaftlich effizient und transparent gestaltet. Dies fördert letztlich auch die Sicherheitskultur, da alle Parteien ihre Rolle kennen und verantwortlich ausfüllen.
Rechtliche Grundlagen und Verantwortungsträger
Im Bergrecht liegt die Gesamtverantwortung für Sicherheit und Ordnung zunächst beim Betreiber (Unternehmer) der bergbaulichen Anlage. Dieser kann jedoch gemäß § 58 Bundesberggesetz (BBergG) bestimmte Leitungs- und Aufsichtsaufgaben an weitere geeignete Personen delegieren. Eine solche Delegation erfolgt durch die Bestellung einer verantwortlichen Person (VP) für einen definierten Betriebsteil oder Aufgabenbereich. Wichtig ist, dass die Bestellung schriftlich erfolgt und der zuständigen Bergbehörde angezeigt wird.
Die bestellte verantwortliche Person des Auftragnehmers (VP AN) übernimmt im delegierten Umfang die Pflichten des Unternehmers und handelt in diesem Bereich eigenverantwortlich. Voraussetzung dafür ist, dass die Person zuverlässig, körperlich geeignet und fachkundig ist. Diese Kriterien (persönliche Zuverlässigkeit, Fachkunde, Eignung) stellt sowohl das BBergG als auch das Arbeitsschutzrecht (z. B. ArbSchG §13) klar in den Vordergrund. Der Betreiber hat also im Vorfeld zu prüfen, ob die vorgeschlagene VP AN diese Anforderungen erfüllt. Erst dann darf er die Unternehmerpflichten wirksam übertragen.
Bei der Übertragung von Unternehmerpflichten ist zudem entscheidend, dass Aufgaben, Verantwortungsbereich und Befugnisse der VP AN klar und lückenlos definiert werden. Die übertragenen Pflichten müssen in Art und Umfang genau umschrieben sein, und der VP AN sind alle notwendigen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse einzuräumen, um ihre Aufgaben selbständig erfüllen zu können. Durch innerbetriebliche Anordnungen ist sicherzustellen, dass die VP AN diese Befugnisse tatsächlich ausüben darf (Stichwort Weisungsbefugnis). Zugleich müssen die Schnittstellen zu angrenzenden Verantwortungsbereichen eindeutig festgelegt sein, damit eine geordnete Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften und eventuell weiteren Fremdfirmen gewährleistet ist.
Trotz weitgehender Delegation bleibt der Betreiber formal in der Gesamtverantwortung. Er wird durch die Pflichtenübertragung nicht vollständig von seinen Pflichten entbunden – insbesondere obliegen ihm weiterhin die Aufsichts- und Kontrollpflichten, um die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung sicherzustellen. In der Praxis bedeutet dies, dass der Betreiber regelmäßig prüfen und auditieren muss, ob die VP AN ihren Verpflichtungen nachkommt, z. B. durch Abfragen von Dokumentationen, Begehungen oder gemeinsame Sicherheitsbesprechungen. Diese Kontrollfunktion des Betreibers dient der Rechtssicherheit: Er behält den Überblick und kann bei Mängeln einschreiten, während die operative Durchführung beim Auftragnehmer liegt.
Im Rahmen des Fremdfirmenmanagements nach § 58 BBergG ergibt sich folgende Rollenverteilung:
Betreiber (Unternehmer): Trägt die Gesamtverantwortung für den sicheren Betrieb. Er bestellt die VP AN schriftlich, definiert deren Aufgabenbereich und überträgt ihr ausgewählte Unternehmerpflichten. Er behält eine übergeordnete Aufsichtsfunktion und muss eingreifen, wenn Pflichten vernachlässigt werden. Zudem bleibt er Ansprechpartner für Behörden und verantwortlich für das Gesamtsicherheitskonzept des Betriebes.
Verantwortliche Person des Auftragnehmers (VP AN): Ist die vom Betreiber bestellte Aufsichtsperson des Fremdunternehmens, welche für den übertragenen Aufgabenbereich die Leitung und Aufsicht übernimmt. Die VP AN organisiert eigenständig den Einsatz ihres Personals, führt Unterweisungen und Gefährdungsbeurteilungen in ihrem Tätigkeitsbereich durch und sorgt für die Einhaltung aller Schutzvorschriften im Rahmen des Auftrags. Sie hat insofern innerhalb ihres Geschäftskreises die Stellung eines „Unternehmers auf Zeit“ und nimmt alle damit verbundenen Rechte und Pflichten wahr. Insbesondere ist sie weisungsbefugt gegenüber den eigenen Mitarbeitern und ggf. auch gegenüber nachgeordneten Subunternehmern im Rahmen des übertragenen Auftrags.
Bergbehörde: Die zuständige Behörde (z. B. Landesbergamt bzw. Bezirksregierung, Abteilung Bergbau) überwacht die Einhaltung der bergrechtlichen Vorschriften. Bestellungen verantwortlicher Personen müssen der Behörde gemeldet werden (Namhaftmachung); typischerweise erhält sie eine Kopie der Bestellungsurkunde. Die Behörde prüft im Rahmen von Betriebsplanzulassungen oder Inspektionen, ob ein schlüssiges Fremdfirmenkonzept vorliegt, in dem die Verantwortungsbereiche klar geregelt sind. Gegebenenfalls fordert sie Nachweise über Qualifikation und Bestellung der VP AN an.
Die Verantwortungsgrenzen sind so zu ziehen, dass die VP AN weitgehend autonom handeln kann, ohne dass der Betreiber in operative Details eingreifen muss – dies gewährleistet die gewünschte Entlastung. Konkret sollte der Betreiber der VP AN schriftlich alle erforderlichen Befugnisse übertragen, um ihren Auftrag zu erfüllen. Dazu zählen z. B. das Recht, Arbeitsanweisungen an die eigenen Beschäftigten zu erteilen, Arbeitsabläufe im Auftragsbereich zu disponieren, bei Gefahr die Arbeiten zu unterbrechen sowie Unterweisungen und Kontrollmaßnahmen anzuordnen. Diese Befugnisse müssen ausdrücklich zur Aufgabe passen. Wo die VP AN in Bereiche hineinwirkt, die andere Betriebsteile oder Fremdfirmen tangieren (z. B. gemeinsame Arbeitsorte, Nutzung von Infrastruktur), sind Abstimmungsregeln festzulegen – z. B. dass sie sich mit dem Schichtführer des Betreibers koordiniert oder dass Freigaben beidseitig erfolgen müssen.
Ein zentraler Punkt ist die Unternehmerpflichtenübertragung im Sinne des Arbeitsschutzes. Gemäß § 13 ArbSchG bzw. DGUV Vorschrift 1 darf der Unternehmer nur zuverlässige und fachkundige Personen beauftragen und muss den Verantwortungsbereich sowie die Befugnisse eindeutig festlegen. Der Beauftragte – hier also die VP AN – muss die Übertragung schriftlich bestätigen (durch Unterschrift) und erhält eine Ausfertigung der Beauftragung. Damit wird dokumentiert, dass sie die Pflichten angenommen hat. Der Umfang der übertragenen Pflichten sollte im Dokument klar beschrieben sein (z. B. „Betriebsteil X – Aufsicht über Tätigkeiten Y, einschließlich Verantwortung für Arbeitssicherheit und Arbeitsvorbereitung in diesem Bereich“). Überschneidungen mit Verantwortungsbereichen des Betreibers oder anderer Führungskräfte sind zu vermeiden; wo Schnittstellen bestehen, müssen sie in der Bestellung und in Arbeitsanweisungen geregelt sein (z. B. wer im Zweifel weisungsbefugt ist, wie Informationsflüsse laufen).
Die VP AN kann ihrerseits bestimmte Aufgaben an unterstellte Aufsichtspersonen weiterdelegieren (z. B. Vorarbeiter, Kolonnenführer), falls die Größe des Fremdfirmenpersonals dies erfordert. Dies sollte in Abstimmung mit dem Betreiber erfolgen. Wichtig: Jede Unterdelegation muss ebenfalls klar geregelt werden – die VP AN bleibt verantwortlich und muss sicherstellen, dass die beauftragten Aufsichtspersonen geeignet sind und über passende Befugnisse verfügen. In der Praxis hat es sich bewährt, solche Unteraufseher schriftlich zu benennen (intern im Auftragnehmerbetrieb) und ihre Aufgaben/Befugnisse festzuhalten, um Klarheit zu schaffen. Beispielsweise kann die VP AN für verschiedene Gewerke oder Schichten je eine Aufsichtsperson benennen, behält aber die Gesamtkoordination inne. Der Betreiber sollte informiert werden, wer diese nachgeordneten Aufsichtspersonen sind, und behält sich vor, deren Eignung ebenfalls zu prüfen.
Prozessschritte zur Pflichtenübertragung an den Auftragnehmer
Um die operative Pflichtenübertragung an den Auftragnehmer maximal rechtssicher und effizient zu gestalten, empfiehlt sich ein strukturierter Prozess, idealerweise integriert in das Fremdfirmenmanagement-System.
Nachfolgend die empfohlenen Schritte im Ablauf:
Auswahl und Qualifikationsprüfung der VP AN: Bereits in der Planungsphase des Fremdauftrags fordert der Betreiber den Auftragnehmer auf, eine verantwortliche Person zu benennen. Der Auftragnehmer schlägt eine Person vor und übermittelt deren Qualifikationsnachweise (z. B. bergfachliche Ausbildung, Erfahrungsnachweise, ggf. Schulungszertifikate für verantwortliche Personen). Der Betreiber prüft diese Nachweise auf Fachkunde und Zuverlässigkeit. Gegebenenfalls kann er ein persönliches Gespräch oder eine Eignungsfeststellung (z. B. via Fragebogen oder Referenzen) durchführen. Hierbei ist auch zu klären, ob die Person mit den einschlägigen bergrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften vertraut ist (BBergG, relevante Bergverordnungen wie ABVO/TiefbohrV, ArbSchG, BetrSichV, DGUV-Regeln etc.). Best Practice: Einige Unternehmen setzen voraus, dass Fremdfirmen-VPs an speziellen Schulungen (z. B. DMT-Seminaren für verantwortliche Personen) teilgenommen haben, um einheitliches Wissen sicherzustellen.
Schriftliche Bestellung und Aufgabenbeschreibung: Sobald die geeignete Person identifiziert ist, erfolgt die offizielle Bestellung nach § 58 BBergG. Dies geschieht durch ein schriftliches Dokument, das der Betreiber ausstellt und das von beiden Parteien (Betreiber und Auftragnehmer bzw. der benannten Person) unterschrieben wird. Darin werden Aufgabenbereich, Pflichten und Befugnisse der VP AN detailliert beschrieben. Zum Beispiel kann dort stehen: „Herr/Frau X wird hiermit gemäß §§ 58 ff. BBergG als verantwortliche Person für den Geschäftsbereich [Beschreibung des Auftrags/Gewerkes] bestellt“. Es folgt die Auflistung der übertragenen Pflichten, etwa: „Organisation und Disposition des für den Auftrag eingesetzten Personals; Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und Sicherheitsmaßnahmen im Auftragsbereich; Erteilung von Arbeitsfreigaben für gefährliche Arbeiten im Gewerk; Unterweisung der unterstellten Mitarbeiter des Auftragnehmers; Überwachung der Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften und Betriebsanweisungen.“ Ebenso wichtig ist die Nennung der befugten Handlungen: z. B. „ist berechtigt, Weisungen an die Beschäftigten des Auftragnehmers zu erteilen und Arbeiten bei Gefahr sofort anzuhalten“. Damit Aufgaben und Befugnisse übereinstimmen, sollte jede Pflicht mit einer entsprechenden Befugnis unterlegt sein (z. B. Pflicht zur Unterweisung ↔ Befugnis, Mitarbeiter von der Arbeit auszuschließen, die an keiner Unterweisung teilgenommen haben). Das Bestellschreiben enthält ferner den Geltungsbereich (örtlich, sachlich und zeitlich). Falls die Bestellung projekt- oder zeitbefristet ist, wird dies vermerkt. Zudem werden Vertretungsregelungen festgehalten: Was geschieht z. B., wenn die VP AN erkrankt oder ausfällt? Idealerweise wird ein Vertreter benannt oder es wird klargestellt, dass in solchen Fällen der Betreiber die Aufsicht interimistisch übernimmt.
Bestätigung und Behördliche Anzeige: Der Auftragnehmer (durch einen Verantwortlichen, z. B. die Geschäftsführung) bestätigt schriftlich, dass die Angaben zur Person korrekt sind und dass aus seiner Sicht die benannte VP AN die erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt. Dies kann auf demselben Dokument geschehen („Bescheinigung der Fremdfirma“). Die VP AN selbst unterschreibt ebenfalls, oft mit einem Passus wie „Ich bestätige, in die örtlichen und sachlichen Grenzen meines Verantwortungsbereichs eingewiesen worden zu sein und die einschlägigen Vorschriften (z. B. Allgemeine Bundesbergverordnung, Tiefbohrverordnung) zur Kenntnis genommen zu haben“. Damit wird dokumentiert, dass sie ihre Rolle und Pflichten verstanden hat. Anschließend wird die Bestellung an die zuständige Bergbehörde angezeigt (üblicherweise formloses Anschreiben mit Kopie der Bestellungsurkunde). In manchen Bundesländern gibt es dafür standardisierte Formblätter oder Online-Portale. Bei der Wintershall Dea wird beispielsweise explizit eine Ausfertigung der Bestellung an das Landesbergamt (LBEG) gesandt. Die Behörde nimmt die Anzeige zur Kenntnis und kann bei Bedarf Rückfragen stellen oder Auflagen machen. Sofern die Bestellung Teil eines Hauptbetriebsplans ist, wird sie ggf. von der Behörde im Planfeststellungsbescheid referenziert (Bestätigung, dass ein Fremdfirmenkonzept mit verantwortlichen Personen vorliegt).
Integration der VP AN ins Fremdfirmenportal: Nach der formalen Bestellung wird die VP AN im Fremdfirmenmanagement-Portal des Betreibers hinterlegt. Dort erhält sie einen eigenen Zugang mit den notwendigen Rechten, um alle folgenden Schritte digital abzuwickeln. Im Portal wird ein Profil der VP AN angelegt, inkl. ihrer Qualifikationen (z. B. Nachweis Fachkunde, medizinische Tauglichkeit G25 etc.), Gültigkeitszeiträume der Bestellung und ggf. einem Scan der Bestellungsurkunde (dieser sollte revisionssicher archiviert werden). Moderne Systeme generieren nach Eingabe aller Daten automatisch ein Bestelldokument und legen es im Dokumentenmanagement-System ab; nach digitaler Unterzeichnung wird der Status der Bestellung auf "gültig" gesetzt. Eine digitale Signatur aller Beteiligten kann die klassische Unterschrift ersetzen, sofern sie den rechtlichen Anforderungen genügt. So ist der Bestellprozess vollständig papierlos dokumentiert, was spätere Nachvollziehbarkeit garantiert (Audit-Trail).
Disposition und Organisation des Fremdfirmenpersonals: Die VP AN übernimmt nun operativ. Sie plant den Einsatz des eigenen Personals entsprechend den Auftragsanforderungen. Im Fremdfirmenportal kann sie z. B. Mitarbeiter ihres Unternehmens hinzufügen, deren Qualifikationen erfassen und Arbeitszeiten oder Einsatzorte planen. Wichtig ist, dass jeder Fremdfirmenmitarbeiter nur dann Zugang zur Baustelle oder Anlage erhält, wenn er im System registriert und freigeschaltet ist. Idealerweise koppelt man das Portal an das Zutrittskontrollsystem: Die VP AN meldet im Portal an, welche Mitarbeiter an welchem Tag arbeiten, und das System verifiziert automatisch, ob alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Unterweisungen, medizinische Bescheinigungen, gültige Ausweise etc.). So ist jederzeit ersichtlich, wer sich von der Fremdfirma auf dem Werksgelände befindet. Unangemeldete oder nicht freigegebene Personen erhalten keinen Zugang (z. B. Schranke öffnet nicht oder kein Besucherausweis). Dies entlastet den Betreiber, da er die Zugangskontrolle automatisiert abwickeln kann und zugleich in Echtzeit eine Übersicht aller anwesenden Fremdfirmenkräfte hat.
Koordination, Einweisung und Unterweisung: Die VP AN ist dafür zuständig, alle eigenen Mitarbeiter vor Tätigkeitsbeginn einzuweisen und zu unterweisen. Im Portal kann der Betreiber standardisierte Sicherheitsunterweisungen bereitstellen, die auf die Gegebenheiten der Betriebsstätte zugeschnitten sind. Diese Unterweisungen lassen sich digital absolvieren – entweder vorab online (z. B. von zu Hause oder vom Büro der Fremdfirma aus) oder bei Ankunft an einem Terminal vor Ort. Beispielsweise können Mitarbeiter vorab ein Web-Training durchlaufen, das die spezifischen Gefahren des Bergbaubetriebes erläutert, betriebliche Verhaltensregeln (z. B. Fahrwege, Notfallalarmierung) vermittelt und die Rolle der VP AN verdeutlicht. Das System sollte eine Wirksamkeitskontrolle vorsehen, z. B. kurze Verständnistests am Ende der Unterweisung. Nur wer den Test besteht, wird als „unterwiesen“ markiert. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Fremdfirmenbeschäftigten die notwendigen Informationen erhalten haben – dies erhöht die Rechtssicherheit und reduziert das Unfallrisiko erheblich. Die VP AN bestätigt im Portal, welche Mitarbeiter sie persönlich nochmals arbeitsplatzbezogen eingewiesen hat (etwa Einweisung an der Maschine oder am Einsatzort). Diese Dokumentation der Unterweisungen erfolgt idealerweise personen- und datumsscharf im System und ist für Betreiber und ggf. Behörden einsehbar.
Gefährdungsbeurteilungen (GFB) im eigenen Tätigkeitsbereich: Gemäß ArbSchG §5 und bergrechtlichen Vorschriften (z. B. Betriebsplanauflagen oder § 3 ABVO) muss für alle Arbeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Die VP AN übernimmt die Erstellung und Dokumentation der GFB für die vom Auftragnehmer durchgeführten Tätigkeiten. Praktisch kann das Fremdfirmenportal hierfür ein Modul oder Formular bereitstellen (ggf. in Anlehnung an den betrieblichen Standard des Betreibers). Die VP AN identifiziert die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren und legt Schutzmaßnahmen fest. Das Portal kann hierbei unterstützen, indem es typische Gefährdungen vorschlägt und Auswahlfelder für Schutzmaßnahmen anbietet (einige EHS-Softwarelösungen, z. B. von SAP, haben solche Funktionen integriert). Nachdem die VP AN die GFB eingestellt hat, kann der Betreiber sie zur Kenntnis nehmen oder freigeben. Gerade bei besonders gefährlichen Arbeiten (siehe nächster Schritt) ist es wichtig, dass die GFB vor Arbeitsbeginn vorliegt und abgestimmt ist. Alle GFB-Dokumente werden digital gespeichert – somit entsteht ein lückenloser Nachweis, welche Gefahren bewertet und welche Maßnahmen getroffen wurden. Im Falle einer behördlichen Überprüfung kann der Betreiber schnell auf diese Unterlagen zugreifen.
Arbeitsfreigaben und Erlaubnisscheine: Für bestimmte gefährliche Arbeiten schreibt sowohl das Bergrecht (z. B. § 9 Allgemeine Bundesbergverordnung – ABergV) als auch das interne Regelwerk des Betreibers ein Erlaubnisscheinverfahren (Work Permit) vor. Hier kommt der koordinierende Aspekt ins Spiel: Üblicherweise definiert der Betreiber, welche Arbeiten generell nur mit schriftlicher Freigabe begonnen werden dürfen (etwa: Arbeiten in Behältern, Schweißarbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen, Arbeiten in größeren Tiefen unter Tage etc.). Diese Tätigkeiten dürfen erst starten, „wenn eine verantwortliche Person ihren Beginn freigegeben hat und die vor, während und nach Abschluss der Arbeiten einzuhaltenden Sicherheitsvorkehrungen schriftlich festgelegt sind“. Im Fremdfirmenkontext bedeutet das: Die VP AN prüft die Arbeitsbedingungen und erteilt die Freigabe für ihre Mitarbeiter, sobald alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. Das Fremdfirmenportal kann den Erlaubnisschein digital abbilden – die VP AN füllt online ein Formular aus (mit Angaben zur Tätigkeit, beteiligten Personen, GFB-Maßnahmen, Dauer, ggf. Messwerten etc.) und bestätigt die Freigabe. In vielen Fällen muss zusätzlich ein zuständiger Vertreter des Betreibers (z. B. der Schichtsteiger oder Anlagenverantwortliche) elektronisch gegenzeichnen, damit alle betrieblichen Belange abgedeckt sind. Wichtig: Die VP AN kann und soll aufgrund ihrer detaillierten Gefährdungsbeurteilung auch weitere Arbeiten als freigabepflichtig einstufen, selbst wenn diese nicht auf der Betreiber-Liste stehen. Sie trägt die Verantwortung für die Sicherheit im eigenen Gewerk – erkennt sie also z. B. eine nicht offensichtliche Gefahr (etwa Wechselwirkungen mit anderen Tätigkeiten), muss sie von sich aus ein Erlaubnisscheinverfahren anwenden. Das System sollte diese „selbst hinzugefügten“ gefährlichen Arbeiten dokumentieren. Damit wird Flexibilität geschaffen: Die VP AN hat Spielraum, sicherheitsrelevante Entscheidungen zu treffen, entlastet damit den Betreiber (der nicht jedes Detail kennen kann) und erhöht die Arbeitssicherheit. Sämtliche erteilten Arbeitsfreigaben werden im Portal protokolliert (inkl. Uhrzeit, verantwortlicher Freigeber, evtl. Attachments wie Messprotokolle). Im Falle eines Zwischenfalls ließe sich genau nachvollziehen, wer die Freigabe erteilt hat und unter welchen Bedingungen – ein wichtiger Bestandteil des Audit-Trails.
Laufende Überwachung und Reporting: Während der Auftragsdurchführung erfüllt die VP AN kontinuierlich ihre Aufsichtspflicht. Sie überwacht die Einhaltung der festgelegten Schutzmaßnahmen durch ihre Mitarbeiter, führt ggf. tägliche Sicherheitskurzgespräche und kontrolliert den ordnungsgemäßen Zustand von Geräten und Arbeitsmitteln des Fremdfirmen-Einsatzes (z. B. Prüfplaketten von Maschinen, Personenschutzausrüstung). Ereignismeldungen (Beinaheunfälle, Vorfälle) aus dem Fremdfirmenbereich erfolgen durch die VP AN, idealerweise ebenfalls digital über das Portal, sodass sie ins zentrale Berichtswesen einfließen. Der Betreiber wird durch automatische Benachrichtigungen informiert, falls z. B. ein Unfall gemeldet oder eine Arbeit unterbrochen wurde. Regelmäßige Meetings (etwa wöchentliche Koordinationsbesprechungen) zwischen Betreiber und VP AN können ebenfalls im Portal geplant und dokumentiert werden.
Abschluss des Auftrags und Abberufung: Nach Abschluss der Arbeiten des Auftragnehmers meldet die VP AN den Auftrag als beendet. Nun sollte formell die Abbestellung (Abberufung) der VP AN erfolgen, sofern der Vertrag beendet ist. Im digitalen System kann dies durch einen entsprechenden Workflow unterstützt werden: Mit einem Klick kann die Person aus allen laufenden Bestellungen entfernt und der Status ihrer Bestellung auf „abberufen/ungültig“ gesetzt werden. Gleichzeitig werden alle Beteiligten (Betreiber, Behörde, ggf. andere VP) über diese Änderung informiert. Dieser automatisierte Schritt verhindert, dass Karteileichen im System verbleiben oder dass eine nicht mehr aktive VP fälschlich noch als verantwortlich geführt wird. Die digitale Historie bewahrt die Informationen jedoch auf: Man kann später nachvollziehen, wer wann VP war und für welchen Zeitraum die Pflichtenübertragung galt. Sollte der gleiche Auftragnehmer erneut tätig werden, kann man auf den Datenbestand zurückgreifen und ggf. die Person wieder bestellen oder – falls inzwischen eine andere Person benannt wird – eine neue Bestellung generieren.
Dokumentation und Nachweisführung: Alle oben genannten Vorgänge – von der Bestellung über Unterweisungen, GFB bis zu Erlaubnisscheinen und Abberufungen – sind im Fremdfirmenportal lückenlos dokumentiert. Das System dient als zentrale Nachweisplattform. Bei internen Audits oder behördlichen Überprüfungen kann der Betreiber schnell nachweisen, welche Pflichten er übertragen hat und dass er seiner Überwachungspflicht nachkommt. Zum Beispiel lässt sich aus dem System eine Liste aller bestellten verantwortlichen Personen inklusive ihrer Aufgabenbereiche erzeugen. Auch Fristenkontrolle wird digital unterstützt: Das Portal erinnert z. B. daran, wenn Zertifikate der VP AN (etwa Erste-Hilfe-Nachweis oder Tauglichkeitsuntersuchungen) ablaufen, oder wenn eine jährliche Unterweisung fällig ist. Ebenso können Erinnerungen gesetzt sein, um die Gefährdungsbeurteilungen regelmäßig zu aktualisieren und Arbeitsfreigaben zeitlich zu begrenzen (eine Freigabe erlischt z. B. am Schichtende und muss neu erteilt werden, was das System automatisch steuern kann). Diese Funktionen sorgen dafür, dass keine Pflicht versäumt wird – was wiederum den Betreiber entlastet, der sich auf das System verlassen kann.
Bei der Gestaltung des Fremdfirmenmanagements mit bergrechtlichen Bestellungen sind mehrere Quellen von Anforderungen und Empfehlungen zu berücksichtigen:
Bergbehördliche Vorgaben: Neben dem BBergG selbst geben die Bergbehörden (z. B. LBEG, Bezirksregierung Arnsberg) oft Merkblätter oder Auflagen heraus, wie mit Fremdfirmen umzugehen ist. Ein zentrales behördliches Anliegen ist die Namhaftmachung aller verantwortlichen Personen und die lückenlose Verantwortungsstruktur. So fordert etwa die Regierung von Oberbayern, dass in der Bestellung Aufgaben und Befugnisse klar beschrieben sind und die Erfüllung der Pflichten innerbetrieblich abgesichert ist. Die Bezirksregierung Arnsberg hat in der Vergangenheit in Zulassungsbescheiden auf das Vorliegen eines „gültigen Fremdfirmenkonzeptes“ gepocht, nach dem die Bestellung der verantwortlichen Personen von Fremdfirmen erfolgt. Daraus ergibt sich die Best Practice, im Hauptbetriebsplan oder Sicherheitsmanagement-System ein eigenes Kapitel Fremdfirmenmanagement zu führen, in dem dargelegt wird, wie § 58 BBergG umgesetzt wird (inkl. Kriterien für VP AN, Prozess der Bestellung, Koordination und Kontrolle).
Versicherer und Unfallversicherungsträger: Auch die Berufsgenossenschaften haben Regeln (z. B. DGUV Vorschrift 1, §13) und Informationen zur Pflichtenübertragung herausgegeben. Diese decken sich mit dem Vorgehen, nur zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich zu beauftragen und ihnen die nötigen Kompetenzen zu verleihen. In Erläuterungen wird betont, dass dem Beauftragten alle personellen, organisatorischen und finanziellen Mittel zur Erfüllung der Pflichten zur Verfügung stehen müssen. Übertragen auf unseren Kontext heißt das: Die VP AN muss z. B. berechtigt sein, zusätzliche Schutzmaßnahmen einzufordern (notfalls auf Kosten des Auftragnehmers), oder bei Gefahr auch Arbeiten abzubrechen, ohne erst Rücksprache mit der Firmenleitung halten zu müssen. Dies sollte vertraglich und organisatorisch abgesichert sein. Der Unfallversicherungsträger erwartet außerdem, dass die Übertragung lückenlos dokumentiert ist (zur Beweisführung im Ernstfall). Kommt es zu einem Unfall, prüft er, ob die Pflichtenübertragung wirksam war und ob der Betreiber seiner Aufsichtspflicht genügt hat. Daher ist die oben beschriebene Audit-Trail-Dokumentation im Portal auch aus BG-Sicht sehr wertvoll.
Industrie-Erfahrungen und Standards: Zahlreiche Bergbau- und Industrieunternehmen haben bereits Fremdfirmenmanagement-Systeme etabliert. Als Beispiel kann die Wintershall Dea dienen, die für Bohr- und Produktionsbetriebe klare Regeln für Kontraktoren formuliert hat. Dort wird die verantwortliche Person des Auftragnehmers offiziell gemäß §§ 58–62 BBergG bestellt und vom Werksleiter schriftlich eingesetzt. Der Auftragnehmer seinerseits bescheinigt die Eignung dieser Person und verpflichtet sich, nur Personal einzusetzen, das den Anforderungen genügt. Kopien dieser Bestellung gehen an alle relevanten Stellen, unter anderem an die Bergbehörde. In den Sicherheitsbestimmungen für Kontraktoren wird zudem festgelegt, dass gefährliche Arbeiten nur nach Freigabe durch die verantwortliche Person beginnen dürfen und dass die Kontraktoren-VP anhand ihrer Gefährdungsbeurteilung eigenständig weitere Arbeiten als erlaubnispflichtig definieren muss. Dieses Beispiel zeigt, wie Verantwortung und Handlungsspielraum der Fremdfirmen-VP in der Praxis aussehen kann. Andere Unternehmen (RAG, RWE, Wismut GmbH etc.) handhaben es ähnlich: Die verantwortliche Person der Fremdfirma hat insbesondere alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit ihre Beschäftigten sicher arbeiten können, und sie ist Schnittstelle zur Betriebsleitung des Betreibers. Wichtig ist, dass der Betreiber der VP AN Vertrauen entgegenbringt, aber auch klare Erwartungen formuliert (etwa in Form einer Fremdfirmenordnung oder Betriebsanweisung, die jedem Auftragnehmer ausgehändigt wird). Regelmäßige Feedback-Runden zwischen Betreiber und VP AN (z. B. Wochenberichte, gemeinsame Safety Walks) gehören zu den bewährten Methoden, um frühzeitig Abweichungen zu erkennen und gegenzusteuern.
Digitale Nachweisführung und Tools: Moderne Fremdfirmenmanagement-Portale (z. B. Quentic, Secova [sam*], SAP EHS oder branchenspezifische Lösungen wie d.velop’s „BergBest“) sind mittlerweile Schlüsselwerkzeuge, um die oben beschriebenen Prozesse effizient abzubilden. Sie sorgen für Transparenz, denn alle Beteiligten können den Status von Schulungen, Genehmigungen oder Dokumenten in Echtzeit einsehen. Ein durchdachtes Portal ermöglicht z. B. die Erfassung aller Fremdfirmen und ihrer Mitarbeiter, die Zuweisung von standortspezifischen Unterweisungen und die lückenlose Dokumentation dieser Unterweisungen. Dadurch wird die Pflichtunterweisung gegenüber Externen zentral gesteuert – was früher mit Papierlisten und extra Terminen viel Aufwand bedeutete, läuft nun integriert ab. Weiterhin bieten viele Tools ein Fristenmanagement, das den Verantwortlichen (Betreiber und VP AN) automatisch erinnert, wenn z. B. ein Zertifikat erneuert werden muss oder eine Bestellung abläuft. Im Bereich der Gefährdungsbeurteilung können digitale Lösungen branchentypische Gefährdungskataloge bereitstellen und erlauben es, die Beurteilung per Mausklick zu dokumentieren. Nicht zuletzt gewährleistet ein digitales System die Revisionssicherheit: Änderungen werden versioniert, alle Aktionen werden mit Benutzername und Zeitstempel protokolliert, und Dokumente werden manipulationssicher gespeichert. Bei einer Auditierung kann so zweifelsfrei nachgewiesen werden, wer wann welche Kontrolle durchgeführt oder Freigabe erteilt hat. Diese Audit-Trail-Funktion ist in der heutigen Zeit fast unerlässlich, um sowohl internen Compliance-Anforderungen als auch behördlichen Nachweispflichten gerecht zu werden.
Es ist zu betonen, dass digitale Lösungen die organisatorische Delegation ideal unterstützen, sie ersetzen jedoch nicht die inhaltliche Qualifikation und Verantwortung der handelnden Personen. Der Betreiber sollte das Fremdfirmenportal so konfigurieren (bzw. einen Anbieter wählen), dass es seine Prozesse und Pflichtenübertragungen optimal abbildet. Da § 58-Bestellungen regelmäßig vorkommen, kann ein Workflow eingerichtet sein, der alle nötigen Schritte (Prüfen der Person, Dokumentation, Behördennotiz) digital führt. Oder bei wiederkehrenden Tätigkeiten kann das System vergangene Sicherheitsmaßnahmen vorschlagen, damit die VP AN von Erfahrungswerten profitieren kann.