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Standortübergreifende Standardisierung im Fremdfirmenmanagement

Standortübergreifende Standardisierung im Fremdfirmenmanagement

In großen Industrieunternehmen ist der Einsatz externer Firmen (“Fremdfirmen”) für Wartung, Bauprojekte oder spezialisierte Dienstleistungen heute alltäglich. Externe Kontraktoren bringen Expertise und Equipment mit, deren Vorhaltung sich für den Auftraggeber oft nicht lohnt. Zudem können Fremdfirmen helfen, Auftragsspitzen in Großprojekten (z.B. Anlagen-Stillständen) abzudecken und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Statistiken der Berufsgenossenschaften zeigen, dass Beschäftigte von Fremdfirmen ein 2,5- bis 3-fach höheres Unfallrisiko haben als Stammmitarbeiter. Solche Ereignisse unterstreichen die Notwendigkeit eines systematischen, standortübergreifend einheitlichen Fremdfirmenmanagements, das Sicherheit, Qualität und Effizienz in allen Betriebsstätten gewährleistet.

Durch fundierte Standards, methodisches Vorgehen und den Einsatz moderner IT-Systeme lassen sich viele der traditionellen Risiken und Ineffizienzen bei der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern minimieren. Unternehmen, die dies erfolgreich umsetzen, schlagen eine Brücke zwischen kurzzeitig extern vergebenen Arbeiten und langfristig intern aufgebauter Wertschöpfung: Fremdfirmen werden zu echten Partnern, die einen Beitrag zur Wertsteigerung leisten – sei es durch ihr Spezial-Know-how, ihre Flexibilität oder schlicht dadurch, dass durch solide Sicherheitsstandards teure Störungen vermieden werden. Aus Value-Management-Sicht ist ein reifes Fremdfirmenmanagement deshalb kein Kostenfaktor, sondern ein Werttreiber, der zur strategischen Stärke eines Großunternehmens gehören sollte.

Obwohl Fremdfirmenmanagement komplex ist und viele Herausforderungen birgt, gibt es doch bewährte Wege und neue Instrumente, um es effektiv zu gestalten. Planung, Standardisierung, Kontrolle und Partnerschaft sind die vier Säulen eines erfolgreichen Fremdfirmenmanagements sind. Deutsche Unternehmen bringen oft eine starke Prozessorientierung und Gründlichkeit ein, während internationale Vergleiche Inspiration für innovative Ansätze (z.B. Drittzertifizierung, digital lifecycle management) liefern. Ein integrativer wertorientierter Ansatz bündelt diese Elemente und richtet sie auf das oberste Ziel aus: Maximierung von Wert und Minimierung von Schaden über die gesamte Zusammenarbeit mit externen Partnern hinweg. Ein standortübergreifend einheitliches Fremdfirmenmanagement nach Best-Practice-Maßstäben ist ein Kennzeichen exzellent geführter Industrieunternehmen. Es verbindet Technik, Organisation und Mensch zu einem umfassenden System. Unternehmen, die diesen Weg gehen, werden mit höherer Sicherheit, besserer Qualität und letztlich gesteigerter Wertschöpfung belohnt. Die Herausforderung besteht darin, die Erkenntnisse stringent umzusetzen und kontinuierlich am Ball zu bleiben – doch der Nutzen für Unternehmen und Mitarbeiter rechtfertigt den Einsatz in hohem Maße.

Theoretische Grundlagen

Grundlagen

Ein effektives Fremdfirmenmanagement lässt sich als systematischer Managementprozess verstehen, der den gesamten Lebenszyklus externer Aufträge umfasst – von der Auswahl und Beauftragung über die Einsatzsteuerung bis zur Nachbereitung und Evaluation. In der Managementtheorie berührt dieses Thema mehrere Konzepte. Erstens ist es eng verknüpft mit der Make-or-Buy-Entscheidung und dem Outsourcing: Gemäß dem Prinzip der Kernkompetenzen lagern Unternehmen Tätigkeiten an Fremdfirmen aus, um sich auf eigene Stärken zu konzentrieren und gleichzeitig spezialisiertes Know-how und Skaleneffekte externer Anbieter zu nutzen. Dabei entstehen jedoch Principal-Agent-Probleme – also Informationsasymmetrien und Interessenkonflikte zwischen Auftraggeber (Prinzipal) und Auftragnehmer (Agent). Das Auftraggeberunternehmen muss sicherstellen, dass der Kontraktor im Sinne der Unternehmensziele handelt, insbesondere was Arbeitssicherheit, Qualität und termingerechte Leistung betrifft. Vertragsgestaltung, Monitoring und Anreizsysteme (z.B. Bonus/Malus-Regelungen bei Leistung und Sicherheit) sind theoretisch empfohlene Mechanismen, um diese Principal-Agent-Konflikte zu entschärfen.

Zweitens sind Geschäftsprozessmanagement und Standardisierung relevant: In großen Unternehmen wird angestrebt, Prozesse – inklusive der Prozesse zur Steuerung von Fremdfirmen – zu harmonisieren, um Skaleneffekte und Best Practices standortübergreifend nutzbar zu machen. Die Geschäftsprozessmodellierung definiert dafür Phasen und Verantwortlichkeiten im Fremdfirmenmanagement, typischerweise von der Ausschreibung/Präqualifikation über Arbeitsvorbereitung und -freigabe bis zur Leistungsüberwachung und Bewertung. Klare, standardisierte Prozessschritte machen die Zusammenarbeit mit Fremdfirmen messbar, steuerbar und reproduzierbar, wodurch Risiken für Sicherheit, Budgeteinhaltung und Termintreue systematisch adressiert und minimiert werden können. Gleichzeitig ist in der Organisationslehre bekannt, dass Standardisierung nicht zwangsläufig Starrheit bedeutet – vielmehr kann ein gut definiertes, einheitliches Vorgehen Freiheitsgrade schaffen, indem Unklarheiten und Ad-hoc-Entscheidungen reduziert werden. Ein robustes, standardisiertes System im Hintergrund fängt Ausfälle auf und sichert Qualität, sodass sich Führungskräfte auf das Wesentliche konzentrieren können.

Drittens spielt der Arbeitsschutz und die Compliance eine fundamentale Rolle als theoretische und normative Grundlage. In Deutschland bildet § 8 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) den rechtlichen Ausgangspunkt für Fremdfirmenkoordination: Wenn Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig sind, sind alle Arbeitgeber zur Kooperation beim Arbeitsschutz verpflichtet. Daraus ergibt sich die Pflicht, klare Absprachen über Zuständigkeiten, Gefährdungsbeurteilungen und Schutzmaßnahmen zu treffen, sobald Arbeiten per Werkvertrag an Externe vergeben werden. Praktisch bedeutet dies, dass der Auftraggeber die Informations- und Koordinationspflicht hat (er muss Fremdfirmen über betriebliche Gefahren unterrichten und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften überwachen), während der Auftragnehmer seinerseits seine Beschäftigten unterweisen und die Arbeitsschutzvorschriften einhalten muss. Eine Missachtung dieser Pflichten kann gravierende Konsequenzen haben – nicht nur Unfälle, sondern auch Haftungsfragen und behördliche Sanktionen. (Im internationalen Vergleich existieren ähnliche Vorschriften: z.B. haben die USA nach dem BP-Texas-Unfall strengere OSHA-Regeln für Kontraktor-Sicherheit erlassen, und in der EU fordern die OSHA-Rahmenrichtlinie sowie nationale Gesetze koordinierte Sicherheitsstandards bei Werkvertragsarbeiten.)

Ein weiterer theoretischer Baustein ist das Value Management bzw. wertorientierte Management. Darunter versteht man in der Betriebswirtschaftslehre die Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten auf die Steigerung des nachhaltigen Unternehmenswerts. Wertmanagement ist das Gebot, mit allen Ressourcen verantwortungsvoll Wert zu schaffen – dies umfasst auch die Ressourcen, die durch Fremdfirmen erbracht werden. Im Kontext des Fremdfirmenmanagements bedeutet ein wertorientierter Ansatz, dass Maßnahmen zur Verbesserung von Sicherheit und Effizienz nicht nur als Kostenfaktor gesehen werden, sondern als Investition in Wertschöpfung: Verhütung von Arbeitsunfällen vermeidet Unfallkosten, Produktionsausfälle und Reputationsschäden; Qualitätsstandards für Fremdleistungen verhindern kostspielige Nacharbeiten; effiziente Prozesse und IT-Systeme sparen Zeit und erhöhen die Produktivität. Theoretisch lässt sich dies etwa über Nutzen-Kosten-Analysen untermauern (z.B. Einsparungen durch weniger Unfälle gegenüber Aufwendungen für Sicherheitsmaßnahmen). Zudem korrespondiert Value Management mit Konzepten wie Balanced Scorecard, wo auch nicht-finanzielle Leistungsindikatoren (z.B. Arbeitssicherheit, Lieferantenperformance) als Treiber langfristigen Unternehmenserfolgs berücksichtigt werden. Ein wertorientiertes Fremdfirmenmanagement zielt folglich darauf ab, externe Partner als integralen Teil der Wertschöpfungskette zu behandeln. Das Unternehmen trägt Verantwortung für die Fremdfirmen und zieht sie gleichzeitig zur Verantwortung – man wächst zu einer erweiterten Organisation zusammen, die gemeinsame Ziele in Sicherheit, Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit verfolgt. Dieser kulturelle Wandel weg vom “Wir vs. die Externen” hin zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit fördert Vertrauen, Kommunikation und Innovation. Theoretisch ist dies im Einklang mit Stakeholder-Ansätzen, die Mitarbeiter von Partnerfirmen mit einbeziehen, und mit Netzwerkorganisationen, in denen Unternehmensgrenzen durchlässiger werden.

Es bieten die theoretischen Grundlagen also ein Rahmenwerk, in dem standortübergreifend einheitliches Fremdfirmenmanagement anzusiedeln ist: Es vereint Elemente des Prozessmanagements, des Arbeitsschutz- und Qualitätsmanagements sowie des wertorientierten Unternehmenssteuerung. Die Herausforderung besteht darin, diese Elemente praktisch umzusetzen und in Einklang zu bringen – sowohl im eigenen Unternehmen (über verschiedene Werke hinweg) als auch in Zusammenarbeit mit diversen externen Partnerunternehmen. Die folgenden Kapitel wenden sich der praktischen Ausgangslage und konkreten Problemfelder zu, bevor Lösungen und Empfehlungen entwickelt werden.

Status quo in Industrieunternehmen

Aktuell weisen viele Großunternehmen bereits bestimmte Standards im Umgang mit Fremdfirmen auf, jedoch ist der Reifegrad und die Einheitlichkeit der Prozesse branchen- und unternehmensspezifisch sehr unterschiedlich. In etlichen Industriebranchen – zum Beispiel Chemie, Petrochemie, Stahl oder Großanlagenbau – ist die Einbindung externer Dienstleister seit langem fest etabliert. So werden Wartungs-, Instandhaltungs- und Montagearbeiten oft routinemäßig an Spezialfirmen vergeben, um Kosten zu senken und Zugriff auf Expertenwissen zu erhalten. Zahlreiche Unternehmen haben interne Richtlinien oder Fremdfirmenmanagement-Handbücher entwickelt (z.B. der Verband der Chemischen Industrie bietet einen Leitfaden zur Erstellung unternehmensspezifischer Fremdfirmen-Leitfäden an). Solche Leitfäden definieren typischerweise Kriterien für die Auswahl von Fremdfirmen, Verantwortlichkeiten während der Auftragsausführung, Sicherheitsmaßnahmen und Vorgehen bei Verstößen oder Unfällen. Auch führen viele Betriebe Sicherheitsunterweisungen für Fremdfirmenmitarbeiter durch, bevor diese an Anlagen arbeiten dürfen, und setzen vertraglich auf Klauseln zur Arbeitssicherheit und Haftung. Insgesamt ist das Bewusstsein für die Bedeutung von Fremdfirmenmanagement in den letzten Jahrzehnten gestiegen, befördert durch verschärfte gesetzliche Auflagen, Initiativen wie Vision Zero (Unfallvermeidung) und durch Erfahrungsaustausch in der Industrie.

Trotzdem zeigt der Status quo auch deutliche Defizite und Inkonsistenzen. Eine Studie der Beratung T.A. Cook zum Contractor Safety Management ergab Schwachstellen in der Zusammenarbeit: Oft müssen Fremdfirmen-Mitarbeiter komplexe Anlagen ohne ausreichende Einarbeitungszeit verstehen und es werden Subunternehmer hinzugezogen, die häufig wechseln. Unter solchen Bedingungen kennen externe Kräfte die innerbetrieblichen Sicherheitsregeln – von Arbeitsfreigabeverfahren bis hin zu Notfall-Fluchtwegen – häufig nicht ausreichend. Die Folge ist ein erhöhtes Risiko von Regelverstößen und Unfällen. Tatsächlich belegen BG-Statistiken, dass Fremdfirmen-Beschäftigte im Durchschnitt deutlich häufiger verunglücken als Stammpersonal. Ursächlich hierfür sind u.a. mangelnde Vertrautheit mit der örtlichen Gefahrenlage, unterschiedliche Sicherheitskulturen und fehlende Erfahrung der Kontraktoren mit den spezifischen Arbeitsprozessen im Betrieb. In der Praxis wird das Unfallgeschehen leider oft von Fremdfirmen dominiert: Fast jeder größere industrielle Unfallfall (Explosions-, Montage- oder Wartungsunfall) betrifft heute auch externe Mitarbeiter, was die Medienaufmerksamkeit erhöht und den Handlungsdruck auf Unternehmen steigen lässt.

Des Weiteren sind die Prozesse innerhalb eines Unternehmens nicht immer standortübergreifend harmonisiert. In divers aufgestellten Konzernen mit mehreren Werken oder internationalen Tochtergesellschaften gab es traditionell häufig Insellösungen: Jede Anlage oder jedes Land handhabte die Auswahl, Unterweisung und Kontrolle von Fremdfirmen eigenständig. So wurden z.B. unterschiedliche Zugangskontroll- und Ausweissysteme, verschiedene Unterweisungsinhalte oder sogar abweichende Vertragsstandards verwendet. Das führt zu Ineffizienzen (jede Einheit „erfindet das Rad neu“), erschwert den konzernweiten Überblick über eingesetzte Fremdfirmen und birgt Compliance-Risiken. Beispielsweise können konzernweit tätige Kontraktoren mit uneinheitlichen Anforderungen konfrontiert sein, was Verwirrung stiftet und im schlimmsten Fall Lücken in Schulungen oder Prüfungen entstehen lässt. Erst in jüngerer Zeit setzen sich in führenden Unternehmen integrierte, konzernweite Lösungen durch. Ein prominentes Beispiel bietet das Life-Science-Unternehmen Roche: Zur Verbesserung der Transparenz und Einheitlichkeit hat Roche eine digitale Schulungsplattform für Fremdfirmen eingeführt, auf der die Qualifikationen und Sicherheitsunterweisungen aller externen Mitarbeiter konzernweit erfasst sind. Dadurch haben mehrere hundert interne Verantwortliche jederzeit Einblick in den Schulungsstand von rund 1.700 Fremdfirmen-Mitarbeitern aus 160 Dienstleisterfirmen. Solche Systeme sind jedoch noch keine Selbstverständlichkeit in allen Industriebetrieben – Roche gilt hier als Vorreiter, während viele Unternehmen noch mit Excel-Listen oder papierbasierten Besucherregistern arbeiten.

Es lässt sich der Status quo wie folgt charakterisieren: Fremdfirmenmanagement ist in der Industrie fest verankert, aber in der Umsetzung vielfach verbesserungsbedürftig. Standards und Programme existieren zwar (getrieben durch Arbeitsschutzauflagen und eigene Erfahrungen), werden jedoch nicht überall konsequent und einheitlich gelebt. Die Unfallstatistik, die teils unzureichende Vorbereitung externer Kräfte und die oft fehlende Vernetzung der Prozesse zwischen Standorten zeigen ein beträchtliches Optimierungspotenzial. Dieses Spannungsfeld bildet den Ausgangspunkt für die nachfolgende Analyse der Herausforderungen und Zielkonflikte.

Herausforderungen und Zielkonflikte

  • Arbeitssicherheit vs. Kosten- und Termindruck: Ein zentrales Spannungsfeld besteht zwischen der Gewährleistung maximaler Sicherheit und Gesundheitsschutz einerseits und dem wirtschaftlichen Druck, Aufträge effizient und termingerecht abzuwickeln, andererseits. Umfassende Sicherheitsmaßnahmen (Eingangsunterweisungen, Sicherheitsbriefings, zusätzliche Schutzvorkehrungen) verursachen Aufwand und binden Zeit, was im Widerspruch zu knapp kalkulierten Projektzeiten oder Kostenvorgaben stehen kann. Fremdfirmen werden häufig aus Kostengründen beauftragt; besteht jedoch ein undifferenzierter Fokus auf den niedrigsten Preis, kann dies zu Abstrichen bei Sicherheit und Qualität führen. Ein Zielkonflikt zeigt sich z.B., wenn ein externer Monteur angesichts von Termindruck Arbeiten abkürzen will oder persönliche Schutzausrüstung weglässt, um Zeit zu sparen. Das Value Management verlangt hier einen Ausgleich: Sicherheitsarbeit darf nicht als „Kostenfaktor“ gesehen werden, sondern als wertschaffende Prävention – allerdings ist diese Sichtweise in der Praxis nicht immer verankert.

  • Standardisierung vs. Flexibilität vor Ort: Die Einführung standortübergreifend einheitlicher Prozesse und Standards kann mit dem lokalen Bedürfnis nach Flexibilität kollidieren. Jedes Werk oder Projekt hat spezifische Gegebenheiten (anlagebezogene Risiken, organisatorische Strukturen, nationale Gesetzesunterschiede). Ein starrer konzernweiter Prozess könnte Gefahr laufen, wichtigen lokalen Besonderheiten nicht gerecht zu werden. Mitarbeiter vor Ort empfinden zentrale Vorgaben mitunter als bürokratisch oder realitätsfern. Hier besteht die Herausforderung, Standardisierung so zu gestalten, dass zugleich genügend Flexibilität für standortspezifische Anpassungen bleibt – etwa durch modulare Konzepte, die ein Minimum an Einheitlichkeit vorschreiben, aber den Werken darüber hinaus Gestaltungsspielraum lassen.

  • Unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen international: In einer global aufgestellten Organisation müssen länderspezifische Vorschriften beachtet werden. Die Arbeitsschutzgesetze und Haftungsregeln im Umgang mit Fremdfirmen variieren von Land zu Land. Während in Deutschland ArbSchG und DGUV-Vorschriften detaillierte Pflichten zur Koordination festlegen, sind in anderen Ländern die Regelungen entweder strenger (z.B. US-OSHA kann Auftraggeber bei Fremdfirmenunfällen direkt haftbar machen) oder weniger spezifisch. Einheitliche interne Standards können also in bestimmten Ländern über das gesetzlich Geforderte hinausgehen (was sinnvoll für die Sicherheit ist, aber möglicherweise Aufwand erzeugt), oder es müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um lokale Gesetze zu erfüllen. Ein Beispiel ist die Anpassung von Schulungsinhalten an verschiedene Sprachen und kulturelle Verständnisse: Ein global einheitliches Unterweisungsprogramm muss ggf. mehrsprachig und kulturell angepasst sein, um überall verstanden zu werden.

  • Kommunikation und Sprachbarrieren: In internationalen oder auch national heterogenen Belegschaften stellt die Sprache ein praktisches Problem dar. Externe Arbeitskräfte kommen nicht selten aus anderen Regionen oder Ländern und sprechen die lokale Sprache nur begrenzt. Sprachbarrieren sind eine Gefahr für die Sicherheit, da sicherheitsrelevante Informationen (Warnhinweise, Arbeitsanweisungen, Gefahrenkennzeichnungen) missverstanden werden können. Eine Herausforderung ist, sicherzustellen, dass alle beteiligten Personen dieselbe „Sprache“ in Sachen Sicherheit sprechen – sei es durch mehrsprachige Dokumentation, Piktogramme, Dolmetscher oder den Einsatz von allgemein verständlichen Symbolen. Dabei gilt es, standortübergreifend konsistente Lösungen zu finden (etwa konzernweit standardisierte mehrsprachige E-Learning-Module für Sicherheitsunterweisungen), die trotzdem lokal anwendbar sind.

  • Verantwortung und Haftungsteilung: Die Zusammenarbeit mit Fremdfirmen führt zu diffusen Verantwortlichkeitsgrenzen. Wer trägt die Verantwortung, wenn ein externer Mitarbeiter einen Unfall erleidet oder Schaden verursacht? Gesetzlich bleibt der Arbeitgeber des Beschäftigten in der Verantwortung, aber der Betriebsinhaber hat ebenso Pflichten (Stichwort: Verkehrssicherungspflicht, Betreiberverantwortung). In der Praxis kann ein Zielkonflikt entstehen zwischen dem Wunsch, Verantwortung auf den Auftragnehmer abzuwälzen (“Die Fremdfirma muss sich um Sicherheit kümmern”) und der Notwendigkeit, als Auftraggeber aktiv zu steuern. Manche Unternehmen versuchen via Vertragsklauseln, möglichst viel Verantwortung zu delegieren, riskieren damit aber, dass die Steuerungsfunktion unklar wird. Die Herausforderung besteht darin, eine klare Verantwortungsmatrix zu etablieren, in der die Rollen verteilt sind – ohne Lücken oder Überschneidungen. Dies muss standortübergreifend konsistent sein, damit nicht jedes Werk eigene Interpretationen von Verantwortung entwickelt.

  • Integration der Fremdfirmen in die Sicherheits- und Unternehmenskultur: Ein häufig unterschätztes Problem ist die kulturelle Trennung zwischen Stammbelegschaft und Fremdfirmenpersonal. Fremdfirmenmitarbeiter fühlen sich bisweilen als Außenstehende und werden auch so behandelt („die Externen“). Dieses Silo-Denken erschwert eine offene Kommunikation und das gegenseitige Vertrauen. Es kann zu Zielkonflikten führen: Einerseits will man die Fremdfirma eng einbinden (damit sie die Sicherheitskultur übernimmt und proaktiv mitdenkt), andererseits wird betont, dass sie extern ist und eigenverantwortlich handeln muss. Unternehmen stehen hier vor der Aufgabe, eine gemeinsame Sicherheits- und Qualitätskultur zu fördern, ohne die rechtliche Eigenständigkeit der Fremdfirma aufzuheben. Dies erfordert intensive kommunikative Maßnahmen und Führungsschulungen sowohl auf Seiten des Auftraggebers als auch des Auftragnehmers.

  • Technische und organisatorische Schnittstellenprobleme: In der Praxis treten viele ganz konkrete Herausforderungen an den Schnittstellen auf. Zum Beispiel müssen IT-Systeme des Unternehmens (Zutrittskontrolle, Wartungsplanung, Dokumentation) mit denen der Fremdfirmen kompatibel sein oder zumindest Daten austauschen. Die Einführung eines einheitlichen IT-Verfahrens konzernweit kann scheitern, wenn die externen Partner nicht mitziehen oder keinen Zugang erhalten. Ebenso müssen Dokumentationen (Gefährdungsbeurteilungen, Arbeitsfreigaben, Leistungsscheine) zwischen intern und extern abgestimmt werden – unterschiedliche Formate oder Medienbrüche (Papier vs. digital) erschweren die lückenlose Nachverfolgung. Die Herausforderung liegt darin, reibungslose Prozesse über Unternehmensgrenzen hinweg zu gestalten, etwa durch gemeinsame Plattformen oder Standardformulare, die überall gelten.

  • Wirtschaftliche Abhängigkeiten und Lieferantenmanagement: Strategisch betrachtet kann die Auslagerung von wichtigen Aufgaben an wenige Fremdfirmen zu einer Abhängigkeit führen. Wenn ein Unternehmen standortübergreifend dieselben Dienstleister einsetzt (was aus Standardisierungsgründen naheliegt), wird der Ausfall oder die Minderleistung dieses Partners zum systemweiten Risiko. Ein Zielkonflikt entsteht zwischen Konsolidierung vs. Diversifizierung im Lieferantenmanagement: Einerseits möchte man möglichst einheitliche Partner (geringer Aufwand, bessere Vergleichbarkeit, engere Partnerschaft), andererseits möchte man Wettbewerb und Redundanz, um nicht “alles auf eine Karte” zu setzen. Unternehmen müssen daher die Balance finden, z.B. durch einen vorqualifizierten Pool mehrerer Fremdfirmen pro Gewerk, der konzernweit genutzt wird.

Herausforderungen im standortübergreifenden Fremdfirmenmanagement

Die genannten Herausforderungen machen deutlich, dass standortübergreifendes Fremdfirmenmanagement ein komplexes Unterfangen ist, bei dem verschiedene Ziele austariert werden müssen: Sicherheit, Rechtskonformität, Kosten, Effizienz, Flexibilität und Partnerschaftlichkeit. Viele Konfliktfelder resultieren daraus, dass kurzfristige ökonomische Ziele (Kosten senken, schnell produzieren) und langfristige Wertziele (Mitarbeiterschutz, Qualität, Reputation) gegeneinanderstehen. Ein wertorientierter Ansatz erfordert hier, langfristigen Nutzen (etwa Vermeidung von Großschäden, Aufbau verlässlicher Partnerschaften) höher zu gewichten als kurzfristige Vorteile durch Regelabweichungen. Im nächsten Kapitel werden Beispiele für bewährte Lösungsansätze und Best Practices vorgestellt, die zeigen, wie Unternehmen in der Praxis diese Herausforderungen adressieren können.

Best Practices im Fremdfirmenmanagement

Trotz der vielfältigen Herausforderungen haben sich in der Praxis eine Reihe von Best Practices herauskristallisiert, die ein effektives und einheitliches Fremdfirmenmanagement auszeichnen. Weltweit führende Unternehmen – oft getrieben durch hohe Sicherheitsanforderungen etwa in der Petrochemie, im Bau oder in der Energieerzeugung – verfolgen erstaunlich ähnliche Grundsätze im Umgang mit Kontraktoren.

Best Practices im Fremdfirmenmanagement

  • Auswahl und Präqualifikation – Bereits vor Vertragsvergabe werden Fremdfirmen sorgfältig geprüft. Alle befragten Top-Unternehmen bewerten potenzielle Auftragnehmer anhand harter Kennzahlen zur Sicherheit (Unfallkennziffern wie Unfallhäufigkeit TRIR, Ausfallquote DART, vergangene Unfälle) sowie Qualitätsreferenzen. Oft werden Standard-Fragebögen eingesetzt, und viele Firmen nutzen externe Prequalifikationsservices (z.B. ISNetworld, Avetta), um zu prüfen, ob ein Anbieter definierte Mindeststandards erfüllt. In Deutschland verlangen Auftraggeber häufig ein gültiges SCC-Zertifikat (Safety Certificate Contractors) als Nachweis eines funktionierenden Arbeitsschutzmanagements beim Auftragnehmer. Diese intensive Vorauswahl stellt sicher, dass nur geeignete und zuverlässige Partner zum Zuge kommen, was die Grundlage für alles Weitere bildet.

  • Vertragsgestaltung und Risikoabschätzung vor Auftragsstart – Ein Best Practice ist die detaillierte Festschreibung von Erwartungen hinsichtlich Sicherheit, Gesundheit und Umwelt (SGU) sowie Qualität in den Verträgen. Weltklasse-Unternehmen führen vor Arbeitsbeginn mit dem beauftragten Kontraktor eine gemeinsame Aufgaben- und Risikobewertung durch. Dabei werden Arbeitsumfang, Gefahren und Schutzmaßnahmen systematisch durchgegangen (z.B. per Risiko-Matrix), um sicherzustellen, dass beide Seiten die Risiken verstehen und entsprechende Sicherheitsprogramme implementiert werden. Spezifische Anforderungen – etwa das Vorhandensein von schriftlichen Arbeitsfreigaben (Permit-to-Work-Systeme) für gefährliche Tätigkeiten, oder die Benennung eines Sicherheitskoordinators – werden vorab geklärt. Damit schafft man klare Rahmenbedingungen: Jeder weiß, was gefordert ist und welche Unterstützung der Auftraggeber bietet (z.B. Bereitstellung von Sicherheitseinrichtungen). Diese Phase minimiert Überraschungen beim Jobstart.

  • Unterweisung und Qualifizierung der Fremdfirmenmitarbeiter – Ohne gründliche Unterweisung kein Arbeitsbeginn: Das ist ein zentrales Motto. Best Practices sehen vor, dass alle Fremdfirmen-Mitarbeiter vor Ort eine Sicherheits- und Verhaltensunterweisung durchlaufen. Inhalte sind unternehmensspezifische Sicherheitsregeln, Standortrichtlinien, Notfallwege, das richtige Verhalten bei Zwischenfällen usw. Ggf. müssen spezielle Arbeiten (Feuerarbeiten, Arbeiten in engen Räumen, elektrische Arbeiten, Arbeiten in Höhen etc.) durch zusätzliche Schulungen oder Zertifikate abgedeckt sein. Moderne Unternehmen setzen hier verstärkt auf digitale Lösungen: etwa E-Learning-Module, Online-Tests oder zentrale Schulungsplattformen (wie das Beispiel Roche zeigt). Roche etwa hinterlegt alle notwendigen Schulungen und Qualifikationen externen Personals in einem Portal und verlangt von den Dienstleistern, die Nachweise dort hochzuladen. So ist sichergestellt, dass kein Fremdarbeiter ungeschult auf die Anlage gelangt. Diese konsequente Schulung schafft eine gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit und demonstriert dem Fremdpersonal zugleich, dass Sicherheit oberste Priorität hat.

  • Überwachung, Kommunikation und laufende Betreuung – Während der Ausführung des Auftrags legen Best-Practice-Unternehmen großen Wert auf engmaschige Überwachung und offenen Dialog. Das bedeutet konkret: Es werden regelmäßige Sicherheitsbegehungen und Audits durchgeführt, um die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren. Manche Firmen fordern von Kontraktoren, dass diese selbst aktiv Sicherheitsbeobachtungen melden (z.B. eine gewisse Anzahl Unsicherheitsmeldungen pro Monat). Feedbackgespräche zwischen Bauleitung/Werksleitung und den Fremdfirmen erfolgen fortlaufend – Probleme sollen früh angesprochen werden. Zudem fördert man den Austausch auf Augenhöhe: Gemeinsame Sicherheitsmeetings, in denen interne und externe Mitarbeiter sich abstimmen, sind üblich. Ein wichtiges Element ist auch die Präsenz vor Ort: Erfolgreiche Unternehmen stellen in kritischen Phasen eigene Koordinatoren oder Fachkräfte zur Seite, die ständig ansprechbar sind (Bilfinger nennt dies “Management durch Präsenz”). Diese konstante Betreuung signalisiert den Fremdfirmen, dass man die Verantwortung teilt und unterstützt, und erlaubt zugleich sofortiges Eingreifen, falls Mängel auftreten. Ein weiterer Aspekt ist die Dokumentation aller Vorkommnisse: Vorfallmeldungen (Unfälle, Beinaheunfälle) durch Fremdfirmen werden systematisch erfasst und gemeinsam untersucht – und zwar ohne Schuldzuweisung, sondern mit Fokus auf Verbesserungen. Insgesamt entsteht so eine Kultur, in der Fremdfirmen nicht isoliert arbeiten, sondern ins betriebliche Sicherheitsmanagement integriert sind.

  • Bewertung und kontinuierliche Verbesserung – Nach Abschluss von Arbeiten ziehen fortschrittliche Unternehmen ein strukturiertes Fazit mit ihren Dienstleistern. In einer Post-Job-Evaluation wird beurteilt, ob die Leistung fachlich und sicherheitstechnisch zufriedenstellend erbracht wurde. Man analysiert Kennzahlen: Gab es Unfälle oder Verstöße? Wurden Qualitäts- und Terminziele erreicht? Diese Informationen fließen in eine Lieferantenbewertung ein. Häufig wird eine Rückmeldung an die Fremdfirma gegeben – im positiven Fall als Anerkennung, im negativen Fall verbunden mit Forderungen nach Verbesserungen oder gar Sanktionen bei gravierenden Verstößen. Einige Unternehmen führen für ihre wichtigsten Kontraktoren periodisch Audits durch (Roche z.B. alle drei Jahre in Kooperation von Fremdfirmenmanagement und Arbeitsschutz). Durch solche Auswertungen entsteht ein Zyklus der kontinuierlichen Verbesserung: Man lernt aus jedem Projekt und entwickelt gemeinsam mit den Partnerfirmen Maßnahmen, um künftig noch besser zu werden. Im Idealfall werden leistungsstarke Fremdfirmen langfristig gebunden und in Entwicklungsprogramme einbezogen (Stichwort: Lieferantenentwicklung). Dieses Prinzip – Feedback-Schleifen und Partnerschaft – sorgt dafür, dass Standardisierung nicht Stillstand bedeutet, sondern dynamisch immer weiter optimiert wird.

Best Practices im Fremdfirmenmanagement-Prozess

  • Einheitliche Standards und Regeln: Erfolgreiche Firmen entwickeln konzernweite Fremdfirmenrichtlinien oder Handbücher, die an allen Standorten gelten. Diese definieren zum Beispiel verbindliche Sicherheitsstandards (etwa dass jeder Fremdfirmenmitarbeiter einen Sicherheitspass haben muss, bestimmte PSA tragen muss, etc.) und Arbeitsprozesse (z.B. ein einheitliches Erlaubnisscheinverfahren für gefährliche Arbeiten). Ein global bekannter Standard sind etwa die Life-Saving Rules (Lebensrettenden Regeln), die z.B. Shell und andere internationale Konzerne weltweit allen Mitarbeitern und Kontraktoren auferlegen, um die häufigsten tödlichen Unfälle zu verhindern. Einheitliche Regeln schaffen Klarheit und erleichtern es Fremdfirmen, sich auf verschiedenen Einsatzorten zurechtzufinden. Wichtig ist jedoch die Übersetzung in lokale Sprachen und die Berücksichtigung länderspezifischer Vorschriften – was wieder den Bogen zur Internationalität schlägt.

  • Zentrale Koordination und Unterstützung: Best Practice ist oft die Einrichtung einer zentralen Stabsstelle oder Einheit für Fremdfirmenmanagement im Unternehmen. Diese koordiniert standortübergreifend die Politik, schult lokale Verantwortliche und stellt Tools bereit. Sie kann auch als interne Beratung fungieren, Best Practices verbreiten und für konsistente Umsetzung sorgen. Beispielsweise richten manche Unternehmen eine „Kontraktoren-Manager“-Rolle ein, die pro Werk oder Projekt als Hauptansprechpartner fungiert und zur zentralen Einheit berichtet. So wird ein Netzwerk geschaffen, das einheitliche Standards trägt.

  • IT-gestützte Lösungen: Wie bereits angedeutet, setzen Vorreiter auf digitale Plattformen zur Verwaltung von Fremdfirmendaten, Zutrittsrechten und Schulungen. Roche’s Schulungsplattform ist ein Beispiel dafür, wie Digitalisierung die Transparenz enorm erhöht. Auch digitale Zugangssysteme sind verbreitet: Mitarbeiter externer Firmen erhalten oft personalisierte Ausweise oder RFID-Karten, die nur aktiviert werden, wenn alle notwendigen Nachweise (Unterweisungen, Gesundheitschecks etc.) erbracht sind. Einige Unternehmen verwenden mobile Apps, mit denen Fremdfirmen z.B. tägliche Checklisten abarbeiten und Sicherheitsbeobachtungen melden können. Insgesamt erlaubt IT die Standardisierung und Automatisierung vieler Abläufe – was über alle Standorte hinweg einheitlich ausgerollt werden kann.

  • Partnering und Sicherheitskultur: Schließlich zeichnet Best Practice-Unternehmen ein kultureller Ansatz aus: Fremdfirmen werden als Partner auf Augenhöhe behandelt. Vertrauen, faire Behandlung und gegenseitiger Respekt sind explizite Prinzipien. Dies äußert sich etwa darin, dass Fremdfirmen in Sicherheitsprogrammen der Firma sichtbar integriert sind (z.B. nehmen sie an Prämienprogrammen für unfallfreies Arbeiten teil, bekommen Auszeichnungen für vorbildliches Verhalten, werden zu Workshops eingeladen). Ein Beispiel ist die Initiative mancher Unternehmen, gemeinsame Sicherheitscharta zu unterzeichnen – ein Dokument, das Führungskräfte des Auftraggebers und der Auftragnehmer gemeinsam verpflichten, die gleichen Sicherheitswerte hochzuhalten. Durch solche Maßnahmen entsteht eine gemeinsame Verantwortung, was nachweislich die Unfallzahlen senkt und die Qualität der Zusammenarbeit erhöht.

Fremdfirmenmanagement als Wettbewerbsvorteil

In Summe zeigen diese Best Practices, dass ein konsequentes Fremdfirmenmanagement nicht nur Risiken reduziert, sondern dem Unternehmen auch handfeste Vorteile verschafft. Unternehmen, die in professionelle Prozesse investieren, wandeln eine potenzielle Schwachstelle in eine Stärke um. Sie erzielen wirtschaftliche Vorteile durch weniger Störungen und höhere Effizienz, optimieren ihre Organisation und schützen aktiv die Gesundheit aller Beteiligten. Die Sicherheitskultur wird über Unternehmensgrenzen hinweg ausgedehnt, was zu einer robusteren, lernenden Organisation führt. Dieses Idealbild setzt allerdings voraus, dass das Top-Management diese Prinzipien unterstützt und entsprechende Ressourcen – Personal, Zeit, Budget – bereitstellt. Im nächsten Kapitel wird beleuchtet, wie sich das Fremdfirmenmanagement in verschiedenen Ländern und Kulturen darstellt und inwieweit globale Konvergenzen in Richtung solcher Best Practices erkennbar sind.

Internationale Vergleiche

Das Management externer Firmen ist zwar ein universelles Thema in der Industrie, doch zeigt sich international eine spannende Vielfalt an Herangehensweisen – geprägt von unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben, kulturellen Aspekten und Branchenstandards. Gleichzeitig beobachten wir eine Annäherung in Form internationaler Normen und globaler Konzernrichtlinien, die weltweit ähnliche Maßstäbe setzen.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Fremdfirmenmanagement

  • Rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen: In Deutschland und generell in der EU ist die Gesetzeslage relativ strikt und präzise. Das Arbeitsschutzgesetz und entsprechende Verordnungen (z.B. BetrSichV, DGUV-Regeln) verlangen ausdrücklich eine Koordination bei Mehrfirmen-Arbeitsplätzen und überlassen dem Unternehmer wenig Spielraum, ob er Fremdfirmen in sein Sicherheitsmanagement einbindet. In Großbritannien existieren mit den CDM Regulations (Construction Design and Management) detaillierte Vorschriften, die den Bauherren bzw. Betreiber verpflichten, für Arbeitssicherheit bei beauftragten Firmen zu sorgen. In den USA hat die OSHA zwar kein bundeseinheitliches “Fremdfirmengesetz”, aber verfolgt über die Multi-Employer Worksite Policy einen Ansatz, bei dem ein Betreiber (Host Employer) unter bestimmten Umständen für die Verstöße seiner Contractors mitverantwortlich gemacht werden kann. Bekannt ist dort der Fall, dass OSHA nach dem BP-Texas City Unfall höhere Strafen und Auflagen für Betreiber verhängt hat, um Kontraktor-Sicherheit zu erzwingen. In einigen anderen Ländern wiederum – z.B. in Teilen Asiens oder Lateinamerikas – sind die Gesetze weniger spezifisch, und es wird mehr auf die Eigenverantwortung der Unternehmen gesetzt. Multinationale Konzerne tendieren jedoch dazu, ihre internen Standards global zu vereinheitlichen, oft auf dem höchsten Niveau, das irgendwo gilt. Dadurch entstehen faktisch firmeninterne „Weltstandards“, die lokale Gesetze teilweise übertreffen. Ein Beispiel ist die konzernweite Einführung von ISO-45001-konformen Managementsystemen: Die ISO 45001 (2018 eingeführt) ist der weltweit gültige Standard für Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement und enthält explizit Anforderungen zur Berücksichtigung externer Mitarbeiter im Sicherheitsmanagement. Viele multinationale Unternehmen haben auf ISO 45001 umgestellt und zertifizieren sowohl eigene Standorte als auch fordern von wichtigen Kontraktoren entsprechende Zertifikate. SCC (Safety Certificate Contractors) hat sich in Europa (Ursprung in den Niederlanden) und darüber hinaus als anerkannter Zertifizierungsstandard etabliert – auch dies treibt internationale Angleichung voran. Während also vor 20 Jahren ein deutscher Anlagenbauer in China vielleicht kaum sicherstellen konnte, dass der lokale Bauunternehmer westliche Sicherheitsstandards erfüllt, so wird heute oft in den Vertrag geschrieben, dass SCC- oder ISO-45001-Zertifizierung Pflicht ist, und es werden gemeinsam Standards umgesetzt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass internationale Großunternehmen ihre Fremdfirmenmanagement-Praktiken global standardisieren, um ein einheitliches Schutzniveau und Performance-Level zu erreichen, unabhängig vom Standort. Regional bleibt jedoch der Vollzug eine Herausforderung – in Ländern mit lockerer Sicherheitskultur bedarf es stärkerer Kontrollen und Schulungen, um den gleichen Effekt zu erzielen.

  • Kulturelle Unterschiede und Sicherheitskultur: Die Einstellung zur Arbeitssicherheit und Compliance kann kulturell variieren. In Deutschland und Mitteleuropa ist die Sicherheitskultur oft regelgetrieben und formalisiert (z.B. Pflichtunterweisungen, schriftliche Gefährdungsbeurteilungen), was den Vorteil hat, dass Fremdfirmen sich klaren Vorgaben gegenübersehen. Allerdings kann dies auch als bürokratisch empfunden werden. In Nordamerika ist Safety-Management ebenfalls hoch entwickelt, aber die Kommunikation oft direkter und persönlicher – z.B. Toolbox Talks (kurze Sicherheitsgespräche vor Schichtbeginn) sind Standard auf US-Baustellen und werden von allen – eigenen wie fremden – Mitarbeitern erwartet. In Asien oder Nahost sind oft hierarchische Strukturen prägender, und ausländische Auftraggeber investieren viel, um eine Sicherheitskultur bei lokalen Subunternehmern aufzubauen, die ansonsten vielleicht weniger Eigeninitiative im Melden von Gefahren zeigen würden. International tätige Unternehmen begegnen diesen Unterschieden, indem sie Kulturprogramme global ausrollen, die gemeinsame Werte vermitteln (etwa “Wir stoppen die Arbeit bei unsicherem Verhalten – egal wer du bist oder wo du bist” als gelebter Wert). Erfreulicherweise gibt es globale Initiativen wie Vision Zero und branchenübergreifende Life-Saving Rules (herausgegeben vom internationalen Öl- und Gasverband IOGP), welche überall auf der Welt propagiert werden. Viele globale Player (z.B. Shell, BP, Siemens) verlangen von ihren Kontraktoren die Einhaltung dieser wenigen, universalen lebensrettenden Regeln (etwa: kein Alkohol/Drogen, Absturzsicherungen, Abschalten von Energiequellen bei Wartung etc.), was zumindest bei den gravierendsten Risiken weltweit für Angleichung sorgt. Zusammenfassend sind Sicherheitskultur-Unterschiede zwar real, aber globale Unternehmen versuchen, eine konzernweite Kultur zu prägen, die nationale Unterschiede überlagert.

  • Unterschiedliche Modelle der Einbindung externer Dienstleister: International gibt es auch Unterschiede, wie Fremdfirmen in die Organisation eingebunden werden. In Deutschland ist das Konzept der Fremdfirmenkoordinatoren weit verbreitet – das heißt, es wird intern eine Person benannt (§ 6 DGUV V1), die die Arbeiten der Fremdfirma koordiniert und als Bindeglied fungiert. In angelsächsischen Ländern wird eher vom Contractor Manager oder Owner’s Representative gesprochen, was aber funktional ähnlich ist. Interessant ist, dass in den USA und UK vermehrt Third-Party-Prequalification genutzt wird: Es gibt spezialisierte Dienstleister, die zentral Daten zu zigtausenden Contractors verwalten und Auditberichte, Unfallstatistiken etc. bereitstellen. So muss ein Auftraggeber nicht jeden Lieferanten selbst auditieren, sondern kann sich z.B. bei ISNetworld die “Score Card” des Kandidaten ansehen. In Deutschland spielt dies bisher eine geringere Rolle; hier verlässt man sich eher auf eigene Prüfungen oder Zertifikate (SCC). Bei den IT-Systemen gibt es ebenfalls regionale Vorlieben: In Europa sind häufig integrierte HSE-Plattformen im Einsatz (manche davon, wie Quentic, stammen aus Deutschland), während in den USA viele individuelle Lösungen oder Module großer ERP-Systeme (SAP etc.) genutzt werden. Ein internationaler Trend ist aber klar erkennbar: Digitalisierung im Fremdfirmenmanagement schreitet überall voran, und Anbieter von Software-Lösungen agieren global. So setzen etwa viele multinationale Konzerne einheitliche E-Learning-Programme für Contractor-Trainings ein, die zentral entwickelt und dann weltweit ausgerollt werden (mit Lokalisierung).

  • Performance-Metriken und Wertbeitrag: Ein interessanter Unterschied findet sich in der Messung von Performance: Amerikanisch geprägte Unternehmen quantifizieren sehr stark (Unfallraten, Audit Scores, „Total Recordable Incident Rate“ etc.) und binden diese Kennzahlen auch in Verträge ein. Europäische Firmen setzen ebenfalls Kennzahlen ein (z.B. 1000-Mann-Quote der BG), aber es wird seltener finanziell sanktioniert oder bonifiziert. International zeichnet sich ab, dass Kennzahlensysteme vereinheitlicht werden – z.B. fordern selbst deutsche Auftraggeber zunehmend die TRIR-Rate der letzten 3 Jahre von Bewerbern, was früher eher im US-Raum üblich war. Der Value-Management-Aspekt spiegelt sich darin wider, wie Unternehmen intern den Erfolg des Fremdfirmenmanagements bewerten: In Australien oder Nordamerika publizieren einige Firmen offensiv ihre Contractor Safety Performance als Teil ihres Jahresberichts (im Sinne von ESG-Kriterien). In Deutschland ist dies bislang selten explizit, doch einfließende Faktoren wie unfallfreie Projekte oder zuverlässige Turnaround-Durchführung wirken sich indirekt auf Erfolg und damit Wert aus. Tendenziell wird weltweit immer klarer kommuniziert, dass gute Kontraktorenführung ein Wettbewerbsvorteil ist – z.B. weil Unfälle und Stillstände reduziert werden. So zeigte eine Studie, dass konsequentes Aussortieren unsicherer Auftragnehmer und Förderung guter Partner zu profitableren Abläufen für beide Seiten führt. Diese Erkenntnis setzt sich international durch.

  • Zertifizierung und Standards: Bereits erwähnt wurde SCC (das in Europa verbreitet ist). Darüber hinaus gibt es lokale Besonderheiten: In Frankreich etwa müssen Fremdfirmen in bestimmten Industrien spezielle Zulassungen haben (MASE-Zertifizierung für Petrochemie). In den USA gibt es kein staatliches Zertifikat, aber Brancheninitiativen (z.B. NCCER für Bau-Ausbildung von Contractors). Nichtsdestotrotz geht der Trend zur gegenseitigen Anerkennung: Ein internationaler Chemiekonzern akzeptiert heute oft entweder ein SCC oder ein nach OHS-Standard zertifiziertes Äquivalent, auch wenn es aus einem anderen Land stammt. Das reduziert Doppelaufwand und ermöglicht es, dass ein guter Dienstleister global tätig sein kann. Gleichzeitig sehen wir, dass Unternehmen selbst Standards setzen – z.B. ein weltweit tätiger Konzern kann ein eigenes Contractor Management Handbook herausgeben, das in all seinen Niederlassungen gilt, egal wo. Damit schafft sich das Unternehmen gewissermaßen einen “privaten Standard”, der länderübergreifend homogen ist. Dies ist insbesondere bei Unternehmen aus sicherheitskritischen Sektoren (Chemie, Öl/Gas, Luftfahrt) der Fall.

  • In der Zusammenschau lässt sich sagen: Die Grundprinzipien des Fremdfirmenmanagements sind international ähnlich, aber die Ausprägungen variieren. Westliche Industrieländer weisen die ausgefeiltesten Systeme auf, während Schwellenländer teils Nachholbedarf haben – allerdings durch die Einbindung in globale Lieferketten schnell aufschließen. Große multinationale Unternehmen fungieren als Vektoren der Standardisierung, indem sie von all ihren Zulieferern gewisse Mindeststandards verlangen, unabhängig vom Land. Dadurch verbreiten sich Best Practices global. Umgekehrt müssen Unternehmen lokal sensibel agieren, um kulturelle und regulatorische Unterschiede zu managen. Für die strategischen Handlungsempfehlungen im nächsten Kapitel bedeutet dies, dass Konzepte für standortübergreifende Prozesse nicht im nationalen Vakuum gedacht werden dürfen, sondern globale Benchmarking-Erkenntnisse einfließen sollten.

Strategische Handlungsempfehlungen

Auf Basis der vorangegangenen Analyse lassen sich konkrete strategische Maßnahmen ableiten, mit denen ein Großunternehmen ein standortübergreifend einheitliches und wertorientiertes Fremdfirmenmanagement aufbauen bzw. optimieren kann. Die folgenden Empfehlungen richten sich an das Top-Management und Verantwortliche in HSE (Health, Safety, Environment), Einkauf und Operations und sind darauf ausgerichtet, die beschriebenen

Best Practices systematisch umsetzen und Herausforderungen meistern

  • Konzerneinheitliche Richtlinien und Strukturen etablieren: Als Fundament sollte ein Unternehmen eine konzerneinheitliche Fremdfirmenmanagement-Policy formulieren, die für alle Standorte verbindlich ist. Diese Richtlinie definiert Ziele (z.B. “Null Unfälle mit Fremdfirmen”, “100% qualifizierte Kontraktoren”), Rollen und Verantwortlichkeiten (etwa Bestellung eines Fremdfirmenkoordinators je Einsatz) sowie Mindestprozesse (z.B. obligatorische Unterweisung, Freigabeverfahren). Die Policy sollte vom oberen Management ausdrücklich unterstützt und kommuniziert werden, um ihre Bedeutung zu unterstreichen. Ergänzend empfiehlt sich die Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle (Stabsstelle Kontraktorenmanagement) auf Konzernebene, welche Standards erarbeitet, Wissen bündelt und den Austausch zwischen Standorten fördert. Diese Stelle kann Guidelines und Checklisten bereitstellen, Audits durchführen und als interne Beratung fungieren. Zentralisierung sorgt dafür, dass alle Standorte auf dem gleichen hohen Standard agieren und voneinander lernen, anstatt parallel unterschiedliche Vorgehensweisen zu pflegen.

  • Globale Präqualifikation und Lieferantenentwicklung nutzen: Für die Auswahl von Fremdfirmen sollte ein systematisches Präqualifikationsverfahren konzernweit eingeführt werden. Konkret bedeutet dies: Es wird eine einheitliche Anforderungsliste an Anbieter definiert (einschließlich SGU-Kennzahlen, Zertifikate, Referenzen), und alle Standorte nutzen diese, um Dienstleister zu bewerten. Um Effizienz zu steigern, kann das Unternehmen auf zentrale Datenbanken zurückgreifen – z.B. ein konzernweites Register qualifizierter Fremdfirmen. In dieses Register werden nur Firmen aufgenommen, die einen definierten Auditprozess bestanden haben (ggf. nach SCC oder internem Audit). Idealerweise arbeitet man mit wenigen bevorzugten Partnerfirmen global zusammen (“Preferred Contractors”), mit denen Rahmenverträge bestehen. Diese Partnerschaften sollten aktiv gepflegt und entwickelt werden: Regelmäßige Lieferantengespräche auf hoher Ebene, gemeinsame Trainingsinitiativen und Feedback-Runden helfen, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Das Unternehmen sollte seine wichtigsten Dienstleister als strategische Partner betrachten und z.B. in Langfristverträge investieren, um Planungssicherheit zu geben – im Gegenzug können Qualitäts- und Sicherheitsziele vereinbart werden. Ein Lieferantenentwicklungsprogramm mit Kennzahlen-Tracking (Qualität, Termintreue, Unfallrate pro Firma) identifiziert Leistungsträger und schwächere Anbieter. Letztere können gezielt unterstützt werden (z.B. durch zusätzliche Schulungen), oder wenn keine Besserung erfolgt, konsequent ausgetauscht werden. Dieser strategische Ansatz stellt sicher, dass weltweit nur verlässliche und wertschöpfende Fremdfirmen zum Einsatz kommen.

  • Einheitliche IT-Plattform und digitale Tools ausrollen: Die Nutzung einer integrierten IT-Plattform für Fremdfirmenmanagement ist heute beinahe unverzichtbar für große Unternehmen. Es wird empfohlen, konzernweit ein zentrales System einzuführen, das die Schlüsselprozesse abdeckt: Registrierung von Fremdfirmen und deren Mitarbeitern (mit Stammdaten, Qualifikationen, Zertifikaten), Online-Unterweisung und Tests, Zutrittskontrolle gekoppelt an Schulungsnachweise, sowie Dokumentation von Einsätzen, Arbeitsfreigaben und Vorfällen. Die Roche-Schulungsplattform kann hier als Vorbild dienen. Wichtig ist, dass alle Standorte auf dieselbe Datenbank zugreifen – so hat man jederzeit einen globalen Überblick, welcher Mitarbeiter welcher Firma wo im Einsatz ist und ob alle Anforderungen erfüllt sind. Die Plattform sollte mehrsprachig sein und datenschutzkonform betrieben werden (gerade bei internationalen Daten ist DSGVO etc. zu beachten). Zusätzlich zu einer solchen Kernplattform können ergänzende digitale Tools eingeführt werden: mobile Apps für Vor-Ort-Checklisten, elektronische Arbeitserlaubnis-Tools, Tracking von Ausrüstung (z.B. RFID-Tags für PSA-Ausgabe an Fremde) und Reporting-Dashboards für Kennzahlen. Die Digitalisierung ermöglicht Automatisierung – z.B. könnte kein Fremdfirmenausweis ausgedruckt werden, solange Pflichtschulungen nicht absolviert sind. Durch solche technischen “Gatekeeper” wird die Einhaltung der Standards erzwungen, ohne dass menschliches Zutun jeden einzelnen Fall prüfen muss. In der Umsetzung empfiehlt es sich, eine solche Plattform pilotweise an ausgewählten Standorten zu testen und dann schrittweise weltweit einzuführen, begleitet von Schulungen für die Nutzer (interne Betreuer und externe Dienstleister). Einmal etabliert, wird die IT einen großen Beitrag zur Standardisierung und Transparenz leisten.

  • Harmonisiertes Schulungs- und Unterweisungskonzept implementieren: Eine weitere strategische Maßnahme ist ein vereinheitlichtes Schulungskonzept für alle Fremdfirmenmitarbeiter. Es sollte ein Kern-Unterweisungsprogramm geben, das konzernweit identisch ist – etwa ein Standard-EHS-Training, das die wichtigsten Sicherheitsregeln, Notfallprozesse und Qualitätsanforderungen vermittelt. Dieses kann per E-Learning oder Webinar zentral bereitgestellt werden, mit lokaler Übersetzung. Zusätzlich können modulare Bestandteile für spezielle Gefahren (z.B. Chemieanlage vs. Baustelle) und länderspezifische Besonderheiten vorgesehen werden. Wichtig ist die Wechselseitigkeit: Nicht nur die externen Mitarbeiter sollen lernen, sondern auch die internen Führungskräfte müssen wissen, wie man mit Fremdfirmen richtig umgeht. Daher sollte das Konzept auch Trainings für interne Projektleiter/Bauleiter enthalten (Themen: Rechte und Pflichten gem. ArbSchG, kulturelle Sensibilisierung, Kommunikation mit Lieferanten etc.). Ein Train-the-Trainer-Programm könnte lokale HSE-Manager befähigen, das globale Unterweisungspaket vor Ort zu verankern. Der Erfolg sollte mittels Kennzahlen verfolgt werden – beispielsweise über einen Schulungserfüllungsgrad, wie Roche ihn erhebt (Anteil der absolvieren Schulungen pro zugewiesene Schulungen, mit Ziel 95%). Werden Zielwerte verfehlt, müssen Korrekturgespräche mit den Verantwortlichen stattfinden. Insgesamt fördert ein solches konzernweites Schulungssystem die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache und Kultur in Sachen Sicherheit und Qualität.

  • Einheitliches Reporting und KPI-System verankern: Ein wertorientiertes Management erfordert, dass Erfolge messbar gemacht werden. Deshalb sollte ein einheitlicher Satz von Kennzahlen (KPIs) zum Fremdfirmenmanagement eingeführt werden, die in allen Standorten erhoben und an die Zentrale berichtet werden. Dazu gehören z.B.: Anzahl Fremdfirmenstunden vs. Eigenstunden (Outsourcing-Grad), Unfallrate der Fremdfirmen (pro 1 Mio. Stunden oder 1000 MA), Anzahl Beinaheunfälle, Audit-Compliance-Quote, Prozentsatz der Fremdfirmen mit Zertifizierung, Durchschnittsergebnis von Lieferantenbewertungen, finanzielle Kennzahlen (Kosten von Unfällen mit Fremdfirmen, Nacharbeitskosten etc.). Diese KPIs sollten regelmäßig ausgewertet und im Management-Review diskutiert werden. Indem man z.B. die Unfallraten von verschiedenen Standorten oder von verschiedenen Dienstleistern vergleicht, lassen sich Best Practices und Schwachstellen identifizieren. Das Reporting schafft außerdem Accountability: Wenn ein Werk deutlich höhere Vorfallszahlen mit Kontraktoren hat, wird nach Ursachen geforscht (fehlende Kontrollen? schlechte Dienstleister? usw.) und Gegenmaßnahmen können eingeleitet werden. Auf Konzernebene kann man auch über Zielvorgaben nachdenken, etwa schrittweise Senkung der Fremdfirmen-Unfallquote um X% pro Jahr – dies gibt eine strategische Stoßrichtung vor. Letztlich macht ein KPI-System den Wertbeitrag sichtbar: Zum Beispiel kann man errechnen, wie viel Kosten durch weniger Unfälle eingespart wurden, wie die Anlagenverfügbarkeit sich verbessert hat oder wie Liefertermine besser eingehalten wurden. Solche Erfolge sollten intern kommuniziert werden, um den Rückhalt für das Programm weiter zu stärken (Erfolgsgeschichten: “Standort A hat durch striktes Fremdfirmenmanagement die Ausfalltage um Y reduziert – was X Mio. € erspart hat”).

  • Förderung einer gemeinsamen Sicherheits- und Leistungskultur: Prozesse und Regeln alleine genügen nicht – es muss auch eine gemeinsame Kultur entstehen. Daher empfiehlt es sich, konzernweite Kulturinitiativen aufzusetzen, die gezielt Fremdfirmen einbeziehen. Zum Beispiel könnte das Unternehmen einen jährlichen Contractor Safety Day veranstalten, an dem in allen Werken Workshops mit den wichtigsten Fremdfirmen stattfinden, um Erfahrungen auszutauschen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Ebenso könnte man Auszeichnungen für hervorragende Fremdfirmen in Bezug auf Sicherheit und Qualität vergeben (eine Art “Preferred Supplier Award” mit Schwerpunkt Arbeitsschutz). Diese weichen Faktoren motivieren und signalisieren Wertschätzung. Des Weiteren sollte in der internen Kommunikation die Rolle der Fremdfirmen positiv betont werden – etwa in Mitarbeiterzeitungen Success Stories von gemeinsam gemeisterten Projekten mit Partnerfirmen. Ein besonderes Augenmerk ist auf Sprach- und Kulturbarrieren zu legen: Hier kann man strategisch ansetzen, indem man beispielsweise mehrsprachige Vorarbeiter einstellt oder Übersetzungs- und Integrationsprogramme fördert. Letztlich sollen Fremdfirmenmitarbeiter das Gefühl haben, Teil des erweiterten Teams zu sein, und die Stammmitarbeiter sollen sie auch so behandeln. Führungskräfte müssen dies vorleben. Ein Schulungsmodul “Führen von Fremdfirmen” für alle Bauleiter und Werkstattleiter könnte z.B. verpflichtend eingeführt werden, um Führungsverhalten zu schulen (Thema: Wie gebe ich Weisungen an Externe korrekt, wie behandle ich sie respektvoll, wann greife ich ein?). Mit solchen Maßnahmen wird eine “One Team”-Mentalität gefördert, die nachweislich die Leistungsbereitschaft und die Sicherheit erhöht.

  • Umgang mit Zielkonflikten durch klare Prioritäten und Planung: Viele Herausforderungen (etwa Kosten vs. Sicherheit) lassen sich durch vorausschauende Planung mildern. Das Management sollte klar die Priorität “Safety First” ausgeben und kommunizieren, dass kein wirtschaftliches Ziel die Sicherheit kompromittieren darf. Um dies operationalisierbar zu machen, könnte man z.B. in Angebote und Projektpläne stets Puffer für Sicherheit einplanen (Zeit für Unterweisungen, Kosten für Sicherheitsmaßnahmen) und diese als fixe Posten kalkulieren, anstatt sie nachträglich “hereinzusparen”. In Ausschreibungen sollte nicht nur der Preis das Kriterium sein, sondern auch die Sicherheitsperformance. Strategisch kann man auch Vergütungsmodelle überprüfen: Wenn interne Projektverantwortliche Boni nur für Kostensenkung bekommen, ignorieren sie eventuell Sicherheitsaspekte – daher Kennzahlen-Mix in Zielvereinbarungen einbauen (z.B. Unfallfreiheit als Bonus-Kriterium). Wichtig ist zudem, Mechanismen zur Konfliktlösung einzurichten: Bei widersprüchlichen Zielen (z.B. Terminnot) muss es eine Instanz geben, die eine Entscheidung trifft, wie verfahren wird – im Zweifel zugunsten der Sicherheit. Ein praktischer Tipp ist die Einführung eines “Stop Work Authority”-Grundsatzes international: Jeder Mitarbeiter, ob eigen oder fremd, hat das Recht und die Pflicht, Arbeiten bei Unsicherheit zu stoppen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Wenn das top-down unterstützt wird, ist es ein starkes Signal, dass Sicherheitsziele absolut gelten.

  • Kontinuierliches Lernen und Verbesserung institutionalieren: Abschließend sollte Fremdfirmenmanagement als ständiger Verbesserungsprozess verstanden werden. Strategisch ist zu empfehlen, regelmäßige Reviews und Audits des gesamten Systems durchzuführen – idealerweise standortübergreifende Audits, bei denen Teams gegenseitig die Umsetzung der Standards prüfen. Erkenntnisse aus Unfällen oder Beinahe-Ereignissen mit Fremdfirmen sind systematisch auf andere Standorte zu übertragen (z.B. via Safety Alerts). Die zentral verantwortliche Stelle könnte jährliche Benchmark-Workshops organisieren, in denen Vertreter aller Werke Best Practices austauschen (z.B. “Wie habt ihr das mit den Sprachbarrieren gelöst?”, “Welchen Anbieter nutzt ihr für Online-Unterweisungen?” etc.). Auch der Blick nach außen sollte gepflegt werden: Teilnahmen an branchenweiten Foren (z.B. ISSA-Kongresse zum sicheren Fremdfirmenmanagement) halten up-to-date. Durch eine solche Lernkultur bleibt das System flexibel und entwickelt sich weiter. Standardisierung bedeutet nicht, dogmatisch an einmal festgelegten Regeln festzuhalten, sondern die Standards selbst einer ständigen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls anzupassen. So bleibt das Fremdfirmenmanagement lebendig und wertschöpfend.

  • Es zielen diese Empfehlungen darauf, Fremdfirmenmanagement strategisch in der Unternehmensführung zu verankern – mit klaren Zuständigkeiten, modernen Tools, messbaren Zielen und einer Kultur, die externe Partner einschließt. Wird dies konsequent umgesetzt, kann ein Unternehmen erhebliche Mehrwerte realisieren: weniger Unfälle und Ausfälle (was unmittelbar finanziellen Nutzen bringt und Leid vermeidet), höhere Qualität und Termintreue in Projekten, reputationsfördernde Sicherheitsergebnisse und nicht zuletzt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entlang der erweiterten Wertschöpfungskette.